(ots) - Bonn/Berlin, 31. Januar 2011 - Peter Scholl-Latour,
Publizist und Nahost-Experte, betrachtet die aktuellen Entwicklungen
in den arabischen Ländern als epochal. "Zum ersten Mal ist in
Tunesien ein Umbruch durch Straßenaufstände geglückt", sagte er in
der PHOENIX-Sendung UNTER DEN LINDEN. Dabei bewertete er die Rolle
der elektronischen Medien als unerwartet wichtig. Jedoch seien die
weiteren Entwicklungen nicht abzusehen. "Die Zukunft ist ungewiss.
Die Frage ist: In welche Richtung gehen die islamischen Staaten nach
dem Umbruch?" Weiterhin kritisierte Scholl-Latour die Haltung des
Westens: "Mit der islamischen Welt wird nicht gesprochen." Er warnte
davor, die aktuellen Bewegungen zu sehr zu unterstützen, "sonst
geraten sie in den Verdacht, Instrument des Westens zu sein."
Der Publizist und Islamwissenschaftler Michael Lüders bezeichnet
die Aufstände in den arabischen Ländern als "historische Zäsur,
vergleichbar mit dem Mauerfall". Die Ära der "arabischen Herrscher,
die mit Hilfe ihrer Clans systematisch die Staatskasse geplündert
haben", sei vorbei. Bei PHOENIX forderte der Publizist ein
"differenzierteres Denken" der westlichen Politiker. "Wir sollten uns
hüten, die Dinge in Schwarz-Weiß zu sehen - entweder wir haben einen
pro-westlichen Diktator wie Mubarak oder es droht eine islamische
Republik" betonte Lüders. Der Islam sei nicht grundsätzlich
bedrohlich. Der Publizist bezeichnete die Entwicklungen in Tunesien
und Ägypten als positiv. "Politische Trümmerfelder mit
pseudo-demokratischer Fassade" wie der Irak und Afghanistan seien
keine Alternative. Rückschläge hielte er für möglich und
wahrscheinlich, er sei aber optimistisch, da "die junge Bevölkerung
hinter dem Umbruch steht". Vom Westen erwarte Lüders in Zukunft eine
positivere Sicht des Islams und forderte genau wie Scholl-Latour den
Dialog der westlichen Politik mit den arabischen Ländern. "Man kann
Demokratie aktiv fördern, ohne fragwürdige Kriege zu unterstützen",
so Lüders.
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