(ots) - Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in
Deutschland, Präses Nikolaus Schneider, hat auf Malta das dortige
Flüchtlingslager "Marsa Open Center" besucht. Nach einem Rundgang und
Gesprächen mit der Leitung und Bewohnern des Lagers zeigte er sich
erschüttert über die Lebensbedingungen und die Perspektivlosigkeit
vieler Flüchtlinge: "Die Menschen hier leben in einem dauerhaften
Provisorium ohne Aussicht auf eine echte Zukunft für sich." Zwar
wären viele der Insassen mittlerweile im Asylverfahren, jedoch seien
die maltesischen Behörden mit der großen Zahl von Flüchtlingen
überfordert. "Solange die EU-Mitgliedstaaten sich nicht zu einer
solidarischen Verteilung von Asylsuchenden und Flüchtlingen und der
damit verbundenen Lasten innerhalb der Europäischen Union durchringen
können, werden hier menschliche Tragödien an der Tagesordnung sein",
sagte Schneider am Freitag in Valetta. "Alle EU-Länder stehen
gemeinsam in der Pflicht, die Aufnahme von Schutzsuchenden in der
Europäischen Union zu gewährleisten." Das könne nicht auf die EU
Staaten mit Außengrenzen abgewälzt werden. "Dafür setzen wir uns als
Evangelische Kirche in Deutschland, aber auch gegenüber den
EU-Institutionen ein", betonte Schneider.
Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen in Nordafrika
warnte Schneider gemeinsam mit örtlichen Hilfswerken vor einer
humanitären Katastrophe. Noch sei nicht absehbar, wann erste
Flüchtlinge aus Libyen oder Tunesien Malta erreichten. Dies sei
jedoch nur eine Frage der Zeit. "Europa muss auf den Ernstfall
vorbereitet sein und schnell unkomplizierte Hilfe leisten. Da geht es
dann erst mal um die konkrete Versorgung und den Zugang zu einem
effektiven und fairen Asylverfahren. Das gehört zu den
Menschenrechten, für deren Einhaltung wir auch sonst eintreten.", so
Präses Schneider weiter.
Sollte es zu einem Anstieg von Bootsflüchtlingen über das
Mittelmeer kommen, dürfe die EU keinesfalls auf Abwehr setzen und
Schutzbedürftige mit Hilfe der europäischen Grenzschutzagentur
Frontex an der Landung hindern, warnte der Ratsvorsitzende. "Wir
haben für Flüchtlinge eine Verantwortung - zu dieser müssen wir
unmissverständlich stehen", betonte Schneider.
Die so genannte Dublin-II-Verordnung schreibt vor, dass
Schutzsuchende nur in dem Land einen Asylantrag stellen können, in
dem sie erstmals europäischen Boden betreten haben. Dies führt zu
einer unverhältnismäßig großen Belastung von Ländern wie
Griechenland, Italien oder Malta, welche an der südlichen
EU-Außengrenze meist erste Anlaufpunkte für Flüchtlinge aus Afrika,
Afghanistan oder dem Irak sind. Deutschland und andere
binneneuropäische Länder haben aufgrund ihrer geographischen Lage
durch diese Regelung eine vergleichsweise geringe Zahl an
Asylanträgen zu bearbeiten. Bisher sind alle Versuche der
Europäischen Kommission, die Dublin-II-Verordnung zugunsten einer
stärkeren Lastenteilung zu überarbeiten, am Widerstand dieser Länder
gescheitert.
Hannover, 03. März 2011
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
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