(ots) - Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen verharrt in
diesem Jahr auf ihrem historischen Höchststand. Der Bundesverband
Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU), Berlin, erwartet 110.000
Fälle - nach 108.798 im Vorjahr. Dabei könnten weit mehr Betroffene
von dieser Entschuldungsmöglichkeit Gebrauch machen, denn die Zahl
der überschuldeten Privathaushalte liegt bei über drei Millionen.
"Die Wirtschaftskrise war eine harte Zäsur. Viele Verschuldete haben
noch nicht Anschluss an die gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung
gefunden", berichtet BDIU-Präsident Wolfgang Spitz am Donnerstag in
Hamburg.
Auch immer mehr Jugendliche sind verschuldet. Gründe sind laut der
aktuellen Frühjahrsumfrage unter den BDIU-Mitgliedern hohe
Konsumausgaben (80 Prozent der Inkassounternehmen berichten das) und
ein Elternhaus, das bereits einen sorglosen Umgang mit Geld vorgelebt
habe (69 Prozent). Generell zahlen junge Schuldner schlechter als
ältere, melden 41 Prozent der Inkassounternehmen. Junge Verbraucher
bis 24haben vor allem offene Rechnungen bei
Telekommunikationsunternehmen (87 Prozent der Inkassounternehmen
bestätigen das), während Schuldner über 25 vor allem bei Banken und
Kreditinstituten in der Kreide stehen (77 Prozent), zum Beispiel mit
Immobilienkrediten.
"Sich für Dinge der Lebensplanung zu verschulden, kann sinnvoll
sein", sagt Marion Kremer, Vizepräsidentin des BDIU. "Aber sich für
ein angesagtes Handy zu verschulden, ist unüberlegt und kann ein
teures Vergnügen werden, für das man lange Zeit die Zeche zahlen
muss."
Die Negativfolgen früher Schulden können für ein ganzes Leben
prägen, wie auch eine Studie der Universität Mainz bestätigt. Demnach
erfahren verschuldete Jugendliche in ihrem sozialen Umfeld eine
weitaus geringere Unterstützung als Jugendliche ohne Schulden.
Außerdem sind sich viele junge Verschuldete nicht bewusst, welche
Konsequenzen ihr finanzielles Handeln für sie hat. Ein wichtiges
Fazit der Mainzer Forscher lautet: "Frühe Verschuldung kann zu
erheblichen Problemen in Bezug auf den Erwerb finanzieller Autonomie
führen", so Professor Klaus Breuer vom Lehrstuhl für
Wirtschaftspädagogik an der Universität Mainz.
Schuldenprävention müsse ein integrierter Bestandteil des
Schulunterrichts werden, fordert der BDIU. Das sei ein wichtiger
Schritt, um ein weiteres Ansteigen der Verbraucherinsolvenzen zu
verhindern - denn in der Frühjahrsumfrage melden 88 Prozent der
Inkassounternehmen, dass eine bereits bestehende Ãœberschuldung
Verbraucher daran hindert, ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Zahlungsmoral klettert - Unternehmensinsolvenzen fallen
Generell hat sich die Zahlungsmoral jedoch erheblich verbessert.
Sie steigt dank des Aufschwungs in allen Bereichen der Wirtschaft
sogar über ihr Vorkrisenniveau. 83 Prozent der Inkassounternehmen
melden, dass Rechnungen jetzt besser oder genauso gut wie im letzten
Herbst bezahlt werden. "Die Zahlungsmoral ist heute so gut wie seit
zehn Jahren nicht mehr", so BDIU-Präsident Spitz. Die bessere
Liquiditätssituation sorgt zudem für eine weitere Entspannung bei den
Unternehmensinsolvenzen. Deren Zahl geht auf voraussichtlich rund
30.000 zurück - nach 31.998 Firmenzusammenbrüchen im Vorjahr (minus
sechs Prozent).
Aktuell berichten nur noch 50 Prozent der Inkassounternehmen, dass
die Kunden der Baubranche schlecht bezahlen - vor einem Jahr waren
das noch 65 Prozent. Noch deutlicher ist dieser Rückgang in der
Dienstleistungsbranche: jetzt 44 Prozent, vor einem Jahr noch 64
Prozent Negativmeldungen. Nicht ganz so deutlich ist die Entspannung
im Handwerk. 56 Prozent der Inkassounternehmen bemängeln hier die
Zahlungsmoral von Auftraggebern (Frühjahr 2010: 64 Prozent). "Zwar
werden Handwerksleistungen derzeit wieder verstärkt nachgefragt", so
Spitz. "Aber einige Kunden der Betriebe haben weiterhin
Liquiditätsproblemen und verlagern ihre Schwierigkeiten auf ihre
Auftragnehmer. Dieses Phänomen beobachten wir vor allem bei der
öffentlichen Hand."
Fast alle befragten BDIU-Mitglieder berichten in der
Frühjahrsumfrage, dass Behörden aktuell genauso schlecht oder sogar
noch schlechter als im vergangenen Herbst bezahlen (Zahlungsmoral
unverändert: 86 Prozent; verschlechtert: zwölf Prozent). Laut BDIU
ist das auch Ausdruck der schlechten Haushaltslage der Kommunen. Die
Inkassounternehmen sind aber überzeugt, dass die Verwaltungen
erhebliche Liquiditätszuwächse erzielen könnten, wenn sie ihr eigenes
Forderungsmanagement effektiver gestalten.
"Kämmerer müssen jetzt alle ihre Einnahmepotenziale konsequent
ausnutzen", fordert Spitz daher. Eine konkrete Möglichkeit zur
Verbesserung der Einnahmebasis sei die Zusammenarbeit der
Verwaltungen mit Inkassounternehmen. "Das ist rechtlich möglich",
betont Spitz.
Die Außenstände der Kommunen summieren sich auf aktuell über 13
Milliarden Euro. "Inkassounternehmen könnten diese Forderungsbestände
zum Beispiel auf ihre Werthaltigkeit überprüfen. Auf dieser Grundlage
lässt sich entscheiden, welche weiteren Realisierungsbemühungen
erfolgversprechend sind", erläutert Spitz. Deutliche Mehreinnahmen
seien möglich. "Solche Überlegungen in die Tat umzusetzen, ist das
Gebot der Stunde", so Spitz.
Alle Ergebnisse und Grafiken zur Frühjahrsumfrage unter
www.inkasso.de
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