(ots) - 7. April 2011. Die Stimmung in der
baden-württembergischen Chemie-Branche ist insgesamt gut. Die
Unternehmen rechnen 2011 mit moderaten Umsatzzuwächsen. Das Tempo der
konjunkturellen Erholungsphase wird sich - nach Angaben von Thomas
Mayer, Hauptgeschäftsführer der Chemie-Verbände Baden-Württemberg -
allerdings verlangsamen.
Fast 60 Prozent der Chemie-Unternehmen im Land gehen davon auch,
dass im Laufe dieses Jahres das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht
wird. Die optimistische Grundstimmung basiert vor allem auf dem
erwarteten Auslandsgeschäft. Der heimische Absatzmarkt wird skeptisch
bewertet. Hier wird es für den Chemie-Mittelstand immer schwieriger,
deutlich steigende Energie- und Rohstoffkosten weiterzugeben.
Die insgesamt positive Konjunkturprognose wird sich, laut Mayer,
auch in der Beschäftigtenentwicklung niederschlagen. Jedes vierte
Chemie-Unternehmen erwartet 2011 einen höheren Personalstand. Nur 15
Prozent gehen von rückläufigen Zahlen aus.
Unter dem Strich rechnet die Branche damit, dass die Zahl der
Mitarbeiter und Auszubildenden 2011 leicht steigen wird. Bestätigt
wird die optimistische Grundstimmung durch die ersten Daten für 2011.
So sind die Umsätze der chemischen Industrie Baden-Württembergs im
Januar und Februar um 7,2 Prozent gestiegen.
Auch die Hersteller von Farben und Lacken prognostizieren für 2011
eine positive Beschäftigungsentwicklung. Fast 40 Prozent der Betriebe
will die Zahl der Arbeitsplätze erhöhen.
Die Gesamtumsätze der pharmazeutischen Industrie in
Baden-Württemberg haben sich im Vorjahr gegenüber 2009 um 5,6 Prozent
auf 7,3 Mrd. Euro verringert. Der Auslandsumsatz ging um 3,5 Prozent
zurück. Das Inlandsgeschäft brach mit minus 10,3 Prozent zweistellig
ein. Die Zahl der Beschäftigten in den Pharma-Unternehmen ging 2010
um 2,7 Prozent zurück.
Die wirtschaftlichen Prognosen für 2011 sind bei den
Arzneimittelherstellern überwiegend pessimistischer als in der
gesamten Chemie-Branche. Die Gründe für diese Situation liegen, laut
Mayer, insbesondere in der Gesundheitspolitik. Diese werde immer
unkalkulierbarer und treffe den Pharma-Mittelstand besonders hart.
Als wichtigste aktuelle Beispiele werden die Zwangsabschläge und die
Rabattverträge genannt.
Mit Sorge beobachtet die chemische Industrie derzeit, dass sich
die Energiepreise zu einer immer größeren Gefahr für den Standort
entwickeln.
Nach Angaben von Dr. Gerd Backes, Vorsitzender des
baden-württembergischen Verbandes der chemischen Industrie, bezahlen
die Chemie-Unternehmen in Deutschland für Strom rund 50 Prozent mehr
als die Konkurrenten in Frankreich. Diese höheren Energiekosten
könnten kaum an die Kunden weitergegeben werden. Auch die deutschen
Industriegaspreise seien im internationalen Vergleich noch immer viel
zu hoch. Sie liegen gut 30 Prozent über dem Durchschnitt der
europäischen Konkurrenz.
Die Verbände wollen deshalb dafür kämpfen, dass es bei der
Energiepolitik nicht um Ideologie geht. Die Chemie-Unternehmen seien
auf eine sichere und bezahlbare Versorgung angewiesen, so Backes.
Die chemische Industrie tritt für die Abschaffung der
Andienungspflicht für Sonderabfälle in Baden-Württemberg ein. Obwohl
das Abfallrecht im Wesentlichen durch europäische Vorgaben und den
Bundesgesetzgeber geregelt sei, halte das Land an dieser zusätzlichen
Belastung fest, stellte Dr. Backes fest.
Aktuell werden aufgrund der Andienungspflicht ca. 20.000 Tonnen
Sonderabfälle pro Jahr in Baden-Württemberg eingesammelt. Sodann
werden diese hunderte von Kilometern nach Hamburg transportiert und
dort zu überhöhten Preisen verbrannt. Dies ist nach Meinung der
Chemie-Verbände sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnlos.
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