(ots) - Soviel steht fest: Presse und Rundfunk genießen
auch mit ihren Auftritten im Internet hohe Wertschätzung. Zu diesem
Ergebnis kommt eine Befragung von 1.000 Internetnutzern, die unter
der Leitung von Prof. Dr. Christoph Neuberger an der
Ludwig-Maximilians-Universität München in Kooperation mit dem
Deutschen Fachjournalisten-Verband (DFJV) Anfang 2011 durchgeführt
wurde.
Während in Presse und Rundfunk immer noch ausschließlich
Redaktionen entscheiden, welche Themen und Meinungen veröffentlicht
werden, kann heute im Internet jeder ohne großen Aufwand publizieren:
Die Angebotsfülle nimmt zu und stellt hohe Anforderungen an das
Unterscheidungsvermögen der Rezipienten.
Ausgangsfrage und Untersuchungsgegenstand
Diese Vielfalt an Informationsangeboten im Internet macht es
notwendig, mehr darüber zu erfahren, wie Nutzer die Identität und
Qualität von Journalismus im Netz einschätzen: Was erwartet das
Publikum vom 'Journalismus'? Welche Websites klassifizieren Nutzer
als 'journalistisch'? Welche einzelnen Merkmale, Qualitäten und
Nutzungsmotive schreiben User den verschiedenen Angebotsformen zu?
Studiendesign
Die Befragung fand zwischen Januar und März 2011 statt. Die
Teilnehmer des Online-Panels wurden hinsichtlich Alter, Geschlecht
und Bildungsgrad entsprechend der Verteilung in der Gesamtheit der
Internetnutzer ausgewählt.
Journalistische Standards gelten auch im Netz
Zentrale journalistische Standards wie Glaubwürdigkeit,
Themenkompetenz, Sachlichkeit und Unabhängigkeit sind für die meisten
Internetnutzer besonders wichtig. Die persönliche Perspektive des
Autors und die intensive Diskussion, zwei typische Merkmale von
Social Media, haben dagegen eine untergeordnete Bedeutung.
Klassifizierung von Journalismus
Professionell-journalistische Angebote vor allem der Presse, aber
auch des Rundfunks werden am häufigsten als 'Journalismus'
klassifiziert. Auch bei Portalen, die sich vor allem redaktioneller
Nachrichten bedienen, ist die Zuordnung zum Journalismus weit
verbreitet. Gleiches gilt für Nachrichten-Aggregatoren, die zwar
keine eigenen Inhalte produzieren, aber auf Medien-Websites
verweisen. Erst danach folgen Social Media-Angebote.
Interessant: Vielnutzer von Social Media-Angeboten ziehen den
Kreis weiter und neigen eher dazu, von 'Journalismus' auszugehen.
Gleiches gilt allerdings auch für Vielleser von Tageszeitungen.
Angebotsmerkmale und Nutzermotive
Den Onlineangeboten der Presse werden fast alle Identitätsmerkmale
von Journalismus in hohem Maße zugewiesen, danach folgen die
Enzyklopädie Wikipedia und die Websites des Rundfunks. Allerdings
werden der Wikipedia wesentliche journalistische Definitionsmerkmale
wie regelmäßige Berichterstattung, Aktualität und breiter
Nachrichtenüberblick nicht zugeschrieben. Die Einschätzung in puncto
Unabhängigkeit und Quellentransparenz gegenüber der Presse ist
dagegen positiv.
Differenzierter fällt das Ergebnis bei den Nutzermotiven aus:
Presse und Rundfunk werden auch im Internet auf ihre traditionelle
Rolle als 'Gatekeeper' und 'Agendasetter' festgelegt. Von ihnen
erwartet man einen Nachrichtenüberblick und Hinweise auf wichtige
Themen, um mitreden zu können. Dagegen ziehen Internetnutzer für die
aktive Informationssuche Nachrichten-Suchmaschinen und Wikipedia vor.
Social Media-Angebote dienen besonders der Diskussion und
Beziehungspflege.
Fazit
Insgesamt zeigt sich, dass Journalismus auch im Internet
Orientierung bietet. Zusätzlich sollte er hier in noch stärkerem Maße
als Moderator und Navigator fungieren: Immerhin 45 Prozent der
Befragten erwarten, dass er öffentliche Diskussionen anstößt und
moderiert, weil niemand anderes diese Aufgabe erfüllen könne. 28
Prozent fällt es im Internet schwer, die Qualität von Informationen
richtig einzuschätzen. Für die aktive Suche nach Informationen und
die Interaktion werden eher andere Anbieter genutzt.
Zwei Drittel der Befragten bekräftigen, dass auch im Internet
professionelle Journalisten unersetzlich sind. Überfülle,
Allgegenwart, kostenlose Verfügbarkeit und Austauschbarkeit
journalistischer Angebote führen jedoch zu einer schwachen Bindung an
bestimmte Angebote und zu einer geringen Zahlungsbereitschaft. 61
Prozent der Befragten sind nicht bereit, für Journalismus im Internet
zu bezahlen, weil kostenlose Alternativangebote existieren.
Ausblick
Ein zukunftsgewandter Journalismus hat keine andere Wahl, als den
neuen Anforderungen des Netzes und der Rezipienten kompetent zu
begegnen. Sei es als Navigator, Moderator, Aggregator oder als
Kurator. Dazu bedarf es nicht zuletzt auch eines Umdenkens in
deutschen Verlagshäusern, um den Innovationsrückstand nicht größer
werden zu lassen.
Einen Beitrag von Prof. Dr. Christoph Neuberger zur Studie mit
Ergebnissen und Hintergrundinformationen finden Sie in der aktuellen
Ausgabe des Fachjournalist (3/11) auf den Seiten 12-17 (
www.fachjournalist.de ).
Ãœber den DFJV:
Die Deutsche Fachjournalisten-Verband AG (DFJV) ist ein
Berufsverband und Dienstleister für Journalisten, die sich auf ein
Fach, Ressort oder Themengebiet spezialisiert haben. Sie bietet ihren
mehr als 11.000 Mitgliedern u.a. Leistungen wie Beratung,
Presseausweis und Weiterbildung an. Zudem gibt sie die Publikation
"Fachjournalist", Studien und Leitfäden sowie Bücher zum
Fachjournalismus heraus. Ihr Qualitätsmanagementsystem ist nach ISO
9001:2008 und DGVM ZERT zertifiziert.
Mehr Informationen unter: www.dfjv.de
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