(ots) - Die Schuldenkrise hat Europa fest im Griff. Ein
Ende der Misere ist längst nicht mehr abzusehen. Seit dem Wochenende
steht nun plötzlich Italien im Fokus der Finanzmärkte. Dessen Zinsen
für Staatsanleihen sind wegen des Schuldenbergs auf einmal so teuer
wie noch nie. Eine Gruppe amerikanischer Hedgefonds soll das Land vor
sich her treiben. Und plötzlich wird auch die Europäische Union
wieder zur Getriebenen. In aller Eile kamen gestern Spitzenvertreter
aus EU-Politik und Hochfinanz zu einem Krisengespräch zusammen. Von
einem Brandherd zum nächsten: So in etwa lässt sich das Handeln der
EU in der Schuldenkrise beschreiben. Eine klare Strategie ist
dahinter nicht zu erkennen. Es scheint, als habe man aus den
Ereignissen vom vergangenen Jahr nichts gelernt. Damals mussten die
Finanzminister der Eurozone in aller Eile ein milliardenschweres
Rettungspaket für Griechenland schnüren. Viel zu lange hatten die
Länder gezögert und dadurch die Rettung des Landes um mehrere
Milliarden Euro verteuert. Bei Irland und Portugal war es dasselbe
Spiel. Jetzt haben sich die Finanzmärkte mit Italien das nächste
Opfer ausgesucht und die EU zieht sich erneut ins Hinterzimmer zu
langwierigen Beratungen zurück. Abwarten und Taktieren heißt es auch
beim zweiten Hilfspaket für Athen. Eigentlich hätte es bereits Anfang
Juli eine Entscheidung geben sollen. Jetzt soll dies frühestens im
September der Fall sein. Die Märkte werden das entscheidungsmüde
Europa also weiter vor sich hertreiben. In Brüssel stellt man sich
bereits auf einen heißen Sommer ein. Der neueste Brandherd in Italien
ist noch lange nicht gelöscht. Verantwortlich dafür ist nicht nur die
aktuelle Führungsschwäche in der Schuldenkrise, sondern auch
Versäumnisse in der Vergangenheit. Viel zu lange hat die EU
zugelassen, dass die Euro-Staaten Schulden anhäufen. Das vorgegebene
Maastricht-Ziel, das ein maximales Defizit von drei Prozent erlaubt,
ist von sämtlichen Staaten großzügig ignoriert worden. Ganz vorne mit
dabei: Deutschland und Frankreich. Und so muss sich die
Bundesregierung in der jetzigen Schuldenkrise auch an die eigene Nase
fassen. Selbst ist man vor wenigen Jahren mit schlechtem Beispiel
vorangegangen, indem die Stabilitätskriterien bewusst aufgeweicht
wurden. Allein deshalb sollte es jetzt selbstverständlich sein, dass
Berlin Führungsstärke zeigt und vorangeht. Solidarität ist gefragt.
Aber anstatt sich auf dieses Grundprinzip zu verständigen, suchen die
Staaten lieber die Schuld bei den Rating-Agenturen. Sicherlich, ein
schlechtes Rating zum falschen Zeitpunkt kann die angespannte Lage
zusätzlich anheizen. Doch die jetzige Forderung nach der Zerschlagung
der Agenturen ist schlicht populistisch. Dahinter verbirgt sich, dass
Europa auch hier einen Schlingerkurs fährt. Nach Ausbruch der
Finanzkrise 2008 bemängelten die EU-Vertreter, die Agenturen hätten
die Krise nicht kommen sehen und viel zu spät gehandelt. Jetzt, wo
Europa bis zum Hals im Schuldensumpf steckt, wirft man den Agenturen
voreiliges Handeln vor. Was denn nun? Heute hüh, morgen hott: Europa
muss in der Schuldenkrise endlich mit einer langfristigen Strategie
aufwarten. Es reicht nicht aus, wie die Bundeskanzlerin immer wieder
zu beteuern, dass man den Euro nicht untergehen lassen werde. Den
Worten müssen so schnell wie möglich Taten folgen. Eine Aufstockung
des Rettungsschirms wäre neben der Umsetzung der nationalen
Sparpakete ein erster wichtiger Schritt auf EU-Ebene. Schließlich ist
vieles in dieser von den Finanzmärkten bestimmten Krise reine
Psychologie. Die Europäische Union muss jetzt handeln.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de