Warum Lesen in den Familien wieder einen höheren Stellenwert haben muss
(firmenpresse) - Bonn/Heidelberg – Die Lesekultur hat sich stark gewandelt. In früheren Zeiten griffen die Leute abends gern zu einer Zeitung, Zeitschrift oder einem Buch, weil sie sich davon Genuss, Belehrung und Entspannung versprachen. Außerdem gab es noch keine anderen Medien wie Radio, Fernsehen, DVD, Computer etc. Lesen bedeutet neben Freude auch immer Anstrengung, die nicht mehr alle Menschen auf sich nehmen wollen. Deutlich wird dieser Trend zum Beispiel darin, dass immer mehr „Bücher zum Film“ erscheinen. Für den Konsum einer Tolstoi- oder Jane Austen-Verfilmung muss man eben nur zwei oder drei Stunden investieren, während die Lektüre dicker Schmöker mehr Zeit in Anspruch nimmt.
„Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen problematisch. In erster Linie bedeutet Lesen natürlich Genuss. Es macht einfach Freude, sich in spannende, lustige oder auch ernste Welten flüchten zu können. Doch Lesen ist auch eine bedeutende Kulturtechnik. Wem in den ersten Lebensjahren viel und regelmäßig vorgelesen wird, der entwickelt eine größere Kommunikationsfähigkeit als diejenigen, die ohne eine Gute-Nacht-Geschichte ins Bett geschickt werden. Auch für den schulischen und beruflichen Erfolg stellt Lesen als Bildungsfaktor eine Schlüsselqualifikation dar“, erläutert Unternehmenssprecher Thomas Fichtl von der Heidelberger Druckmaschinen AG http://www.heidelberg.com. Der weltweit führende Hersteller von Bogenoffset-Druckmaschinen, der ein breitgefächertes Portfolio an Lösungen für die Printmedien-Industrie bereit hält, gehört zu dem Initiatorenkreis von Projekten der Stiftung Lesen http://www.stiftunglesen.de, zu dem auch Amazon.de, die Bertelsmann AG, die drupa-Messe Düsseldorf, die Frankfurter Buchmesse, Gruner + Jahr und andere renommierte Unternehmen und Institutionen gehören.
Eine bundesweite Studie zum Vorlese-Alltag aus dem Jahr 2007 belegt, dass es in puncto Leseförderung viel zu tun gibt. Die letzte ausführliche Untersuchung zum Thema „Familie und Lesen“ wurde im Jahr 1988 durchgeführt. Das „Erziehungsziel Lesefreude“ stand damals bei den Befragten nur auf Rang 16 von 20 Erziehungszielen. Im Jahr 2002 ergab eine Zeitbudget-Analyse des Statistischen Bundesamtes http://www.destatis.de, dass zwei von drei Eltern ihren Kindern nicht vorlesen. Die repräsentative Befragung aus dem Vorjahr ergab, dass das „beste Vorlesealter“ oft ungenutzt verstreicht. 42 Prozent der Eltern von Kindern unter zehn Jahren lesen nur unregelmäßig vor oder gar nicht, fast ein Fünftel liest überhaupt nicht vor, berichtet das Portal von Bund und Ländern zur außerschulischen Leseförderung „Lesen in Deutschland“ http://www.lesen-in-deutschland.de.
Vorlese-Rituale, so die Initiative, seien jedoch nach Meinung von Experten bereits in dieser Entwicklungsstufe essenziell für den Spracherwerb, für das Begreifen der Welt und für die emotionale Entwicklung. Ein besonders Augenmerk muss auf die Situation in den Familien mit Migrationshintergrund gelegt werden, da immerhin 80 Prozent der Eltern mit türkischem Wurzeln ihren Kindern nicht regelmäßig vorlesen. Weitere Befunde der Studie: Bei Schuleintritt der Kinder ist ein Vorleserückgang anstelle des wünschenswerten Anstiegs zu beobachten. Außerdem hängt die Vorlesepraxis stark von der sozialen Schicht ab. Wer über eine höhere Schulbildung, mehr Einkommen und einen qualifizierten Beruf verfügt, der liest auch in der Regel stärker vor.
Zudem belegt die Studie, dass Mütter der entscheidende Faktor für die Lesesozialisition sind. Wie das konkret aussehen kann, erläutert die dreifache Mutter Marie Theres Kroetz-Relin http://www.marie-theres.com, die sich als Journalistin und Autorin sowie als Macherin des Internetportals Hausfrauenrevolution http://www.hausfrauenrevolution.com seit Jahren um die Verbesserung der Situation von Müttern kümmert. „Ich habe meine Kinder zehn Jahre ohne Fernseher groß gezogen. Ein wahrer Luxus! Dadurch wurde in unserem Haus viel gelesen und meine Kinder verschlingen heute noch Bücher.“ Allerdings sei ein solcher „Luxus“ nicht immer leicht zu haben: „Aber einer Mutter, der das Wasser bis zum Hals steht und die ums eigene Überleben kämpfen muss, kann abends nicht auch noch eine Stunde Erich Kästner vorlesen. Der Fernseher mutiert zum Babysitter NR. 1. Aber: Lesen fördert das selbständige Denken, den inneren Reichtum und obendrein die Herzensbildung. Unsere verknöcherte Schultradition und die Einförmigkeit der Schuldressur, plus die Medien und Unterhaltungsgeräte aller Art, kastrieren die geistige Weiterentwicklung unser Kinder und killen jede Kreativität."
So viel ist klar: Eltern, Erzieherinnen und Lehrer haben eine hohe Verantwortung für die Stärkung der Lesefreude und –kompetenz bei den Kleinen. „Kindern, denen nicht regelmäßig vorgelesen wird, werden Bildungschancen vorenthalten“, sagt etwa Ralf Klein-Bölting, Generalbevollmächtigter Konzernmarketing der Deutschen Bahn AG http://www.bahn.de. Das Unternehmen ist seit 12 Jahren Partner der Stiftung Lesen. Mit der bundesweiten Kampagne „Lesestart“, die am 29. Mai 2008 beginnt, will man nach dem Vorbild des britischen Projekts „bookstart“ http://www.bookstart.co.uk die Leseförderung in Deutschland weiter verstärkt. Ab dem Sommer dieses Jahres erhalten im Laufe von zwei Jahren 500.000 einjährige Kinder und ihre Eltern die kostenlosen Lesestart-Materialien bei den Kinderärzten im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung U6. Zu dem Set gehören unter anderem ein Ravensburger Bilderbuch, ein Vorlese-Ratgeber für die Eltern, eine Buchtipp-Broschüre der Zeitschrift Eltern, ein Poster und ein kleines Mitmach-Tagebuch, in dem die Lese- und Sprachentwicklung des Kindes festgehalten werden kann.
Möglich ist das nur durch die finanzielle Unterstützung der Initiatoren. „Eltern wissen, wie viel Spaß es machen kann, dem eigenen Nachwuchs eine Geschichte oder ein Märchen vorzulesen. Außerdem gehört dies auch zu unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Unternehmen“, so Fichtl. „Selbstverständlich haben die Unternehmen der Druck- und Papierbranchen sowie Verlage ein vitales Interesse an einem solchen Projekt. Wir wollen schon den Kindern verständlich machen, dass nicht nur elektronische Medien interessant und spannend sind, sondern dass man auch an Gedrucktem sehr viel Freude haben kann. Schließlich ist das Lesen eine sehr alte Kulturtechnik, die sich über viele Jahrhunderte bewährt hat und maßgeblich zur Bildung und damit zu unserer Zukunft beiträgt.“