(ots) - von Alf Clasen
Mehr als 900 Bundeswehrsoldaten sind noch im Kosovo stationiert.
Sie drohten zuletzt beinahe in Vergessenheit zu geraten. Die
Weltöffentlichkeit hatte ihren Fokus auf andere Brandherde gerichtet
- etwa Afghanistan oder Libyen. Doch am Pulverfass Balkan glimmte die
Lunte weiter. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Gewalt zwischen
albanischer Mehrheit und serbischer Minderheit in Europas jüngstem
Staat wieder eskalieren würde.
Die jetzigen Unruhen im Norden des Landes dokumentieren das ganze
Dilemma des Kosovo. Pristina hatte bislang keinen Zugriff auf die
serbisch beherrschten Grenzübergänge. Erst als sich der Zollkrieg mit
Belgrad zuspitzte, schickte die kosovarische Regierung eine
Spezialeinheit der Polizei in diesen quasi rechtsfreien Raum. Und die
EU-Rechtsstaatsmission Eulex? Die teuer bezahlten Beamten waren
offenbar mit der Situation überfordert - wie mit so vielen anderen
Dingen in Europas Armenhaus auch.
Es fällt schwer, zu bewerten, wer die Hauptschuld an der
neuerlichen Eskalation trägt. Dass serbische Extremisten ohne Hilfe
aus dem einstigen Mutterland ihre Attacke auf den Grenzposten Jarinje
starteten, erscheint zweifelhaft. Andererseits klingen die Appelle
des serbischen Präsidenten Boris Tadic zur Mäßigung glaubhaft. Mit
der Auslieferung von Ratko Mladic und Goran Hadzic an das
Uno-Kriegsverbrechertribunal ist Belgrad zuletzt wichtige Schritte
Richtung EU gegangen.Doch immer wieder torpedieren nationalistische
Hardliner diesen Kurs. Elementar bleibt die Kosovo-Frage. Erkennt
Belgrad den Status Quo seiner Ex-Provinz im Süden nicht an, bleibt
die Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine Utopie.
Zugleich muss der Westen seinen Druck auf die Regierung in
Pristina erhöhen. Korruption, Schattenwirtschaft, organisierte
Kriminalität: Mehr als ein Jahrzehnt nach Kriegsende und nach drei
Jahren Unabhängigkeit liegt im Kosovo vieles im Argen. Dabei hat die
Staatengemeinschaft für ihre unzähligen Millionengeschenke längst ein
Anrecht auf eine Friedensdividende. Ohne die Soldaten der
internationalen Kfor-Truppe aber gibt es bisweilen keine Stabilität
auf dem Amselfeld.
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