Eine freudige Stimmung herrscht zur Zeit auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenzahlen sind so niedrig wie schon lange nicht mehr. Nach einer verheerenden Quote von weit über fünf Millionen Arbeitslosen, sinkt die Zahl nun schlagartig auf unter drei Millionen. Und das trotz Krisen, Katastrophen und Krieg. Manch ein Optimist spricht sogar von dem Weg zur Vollbeschäftigung. Kaum jemand kann aber wirklich nachvollziehen was wirklich hinter den Zahlen steckt. Denn die Zahl sagt nichts darüber aus, wo die Arbeitsplätze geschaffen wurden und zu welchem Preis. Was sind die Auswirkungen der niedrigen Arbeitslosen zahlen und darf man sich überhaupt auf die Zahlen verlassen?
(firmenpresse) - Winston Churchill soll einmal gesagt haben: „Ich traue keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe.“ Sicherlich mag es sein, dass ihm diese Worte nur nachträglich in den Mund gelegt wurden. Dennoch sollten wir uns stets dessen bewusst sein, dass nicht alle Zahlen und Statistiken auch wirklich den Tatsachen Entsprechen. Die sichtbare Arbeitslosigkeit ist nämlich nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Menschen leiden nicht unter mangelnder Arbeit, sondern unter mangelndem Einkommen. Sicherlich sind die Arbeitslosenzahlen ein wichtiger Indikator für die Stabilität eines Landes. Jedoch ist es eine eindeutige Zielverfehlung wenn die Menschen zusätzlich zu ihrem Lohn auf staatliche Leistungen wie Sozialhilfe angewiesen sind.
Wir sprechen zwar immer von der einen Arbeitslosigkeit, aber die Arbeitslosigkeit betrifft nicht jeden gleichermaßen. Auch die Gefahr seinen Arbeitsplatz zu verlieren ist stark von der Branche und dem Bildungsgrad abhängig. Betrachtet man eine grafische Darstellung der Arbeitslosendichte, fällt einem sofort ein Gefälle von Nordost nach Südwest auf. Während es in Süddeutschland wie Bayern oder Baden-Württemberg die Arbeitslosenquote nur bei rund 4,5 % liegt, erreicht sie in Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin rund stolze 14 % und in einigen Regionen sogar bis zu 20%. Eine Ungleichheit die nicht nur Probleme für die Wirtschaft und die Unternehmen bereithält sondern auch Chancen.
Eine der Ursachen für die hohe Arbeitslosigkeit im Nordosten des Landes ist sicherlich die hohe Zahl an den dort lebenden Bürgern mit Migrationshintergrund. Laut Statistik ist die Arbeitslosenquote unter Migranten rund doppelt so hoch wie unter Einheimischen. Dies hat jedoch nichts mit mangelnder Arbeitsmoral zu tun, wie es von einigen rechtskonservativen Parteien stets behauptet wird. Einwanderer sehen sich mit großen Hürden auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert. Ihre Abschlüsse werden selten anerkannt, Qualifikationen werden ignoriert und trotz aller Verbote ist Diskriminierung an der Tagesordnung. Integrationsprogramme kommen wenn überhaupt, dann nur in viel zu kleinem Umfang zum Einsatz.
Ein wesentliches Problem ist außerdem die Moralbildung durch Staat und Medien. Es gehört zur deutschen Mentalität, Mauern zu bauen statt Brücken zu schlagen. Perspektiven werden verkannt und Gelegenheiten ausgelassen. Statt Vorteile für Arbeitnehmer auszubauen und darzustellen, werden aufkeimende Hoffnungen regelrecht niedergetrampelt. Es kann wohl unmöglich der Sinn sein, dass man abwägen muss ob es sich lohnt zu arbeiten. Doch genau das muss man, denn das Einkommen, mancher Vollzeitbeschäftigter liegt noch unter dem sozialen Minimum. Der Traum von Unabhängigkeit wird zerstört noch ehe er begonnen hat. Es ist mehr als demoralisierend wenn man seine Rente mit 67 erwartet und sich jetzt schon sicher ist, dass man diese nie bekommen wird.
Diese soziale Ungerechtigkeit zerstört auch das Vertrauen in Staatliche Institutionen und Ämter wie etwa die Bundesagentur für Arbeit. Das ruft natürlich um so mehr zwielichtige Geschäftsmodelle auf den Plan. Zeitarbeitsfirmen haben somit Hochkonjunktur. Arbeitnehmer werden dabei meist zu geringen Löhnen an Unternehmen entliehen und werden, sollten sie nicht mehr gebraucht werden einfach wieder abgezogen. Es ist erstaunlich, dass die Unternehmen oft für einen Zeitarbeiter mehr bezahlen als für einen regelrechten Angestellten und es sich dennoch für sie lohnt, da sie den Arbeitnehmer jederzeit und ohne Angabe von Gründen entlassen können.
Dies führt nicht selten zu einem Teufelskreis der Arbeitslosigkeit. Rund drei Viertel der 2011 geschaffenen Arbeitsplätze waren Zeitarbeitsverträge oder Beschäftigung auf Geringverdienerbasis. Arbeitgeber erwarten nicht selten von Bewerbern, dass diese eine Kontinuität vorweisen können. Das bedeutet, dass diese längerfristig bei einem Unternehmen beschäftigt waren. Gleichzeitig sind diese Unternehmen nicht bereit ihre Arbeitnehmer länger als nötig zu beschäftigen. Darüber hinaus ist es erstaunlich, dass trotz der bestehenden Arbeitslosigkeit und einer regelrechten Flut aus Minijobs, Überstunden für die meisten Arbeitnehmer eher die Regel als Ausnahme sind. Missstände die dringend beseitigt werden müssen, bevor man von einem echten Aufschwung sprechen kann.
An der Arbeitslosenpolitik zeigt sich mal wieder deutlich, dass in der Politik die Wählerstimmen wichtiger sind, als die Wähler selbst. Man brüstet sich mit Zahlen, die jedoch kaum eine Aussage haben. Sicherlich mag die Bekämpfung der sichtbaren Arbeitslosigkeit eine wichtige Voraussetzung für das weitere Vorgehen sein. Jedoch dürfen wir diese Gelegenheit nicht versäumen. Wir müssen diesen Aufschwung nutzen um nun nach den Zahlen auch die Bedingungen für Arbeitnehmer zu verbessern. Migranten müssen besser integriert werden und es müssen neue Perspektiven geschaffen werden. Sicherlich haben wir viel Erreicht, doch es ist noch ein weiter und steiniger Weg zur Vollbeschäftigung.