(ots) - Alleinerziehende sind besser als ihr Ruf. Zu
diesem Ergebnis kommt eine Studie von Erziehungswissenschaftler Prof.
Dr. Holger Ziegler. Dabei zeigte sich, dass der soziale Status der
Eltern einen sehr viel größeren Einfluss auf die Entwicklung der
Kinder hat als die Tatsache, dass sie bei nur einem Elternteil
aufwachsen. Im Interview mit SOS-Kinderdorf spricht Holger Ziegler
über die unterschiedlichen Perspektiven von Eltern und Kindern und
sagt, warum das Bildungspaket nur ein Tropfen auf den heißen Stein
ist.
Was an den Ergebnissen der Studie hat Sie am meisten überrascht?
Holger Ziegler: Wie wenig der Status alleinerziehend aus der
Perspektive der Kinder aussagt - nämlich nichts. Die zweite
Ãœberraschung waren die Antworten auf die Frage nach dem
Erziehungsstil, die wir Eltern und Kindern gestellt haben. Was die
Eltern an Erziehungsstrategien angeben, wirkt sich nur wenig auf die
Erfahrungen des Aufwachsens aus der Perspektive von Kindern aus.
Ausschlaggebend war aber nicht was die Eltern berichteten, sondern
vielmehr das, was Kinder an Aufmerksamkeit aber auch an Streit und
Konflikt erleben.
Zum Beispiel?
H.Z.: Wir haben die Kinder unter anderem gefragt "Sind deine
Eltern streng?" oder "Streitest du dich oft mit deiner Mutter?". Die
Antworten auf solche Fragen deuten insgesamt auf eine konfliktreiche
Erziehungserfahrung hin. Was alle Lebensbereiche beeinflusst, ist der
sozio-ökonomische Status der Eltern. Dieses Ergebnis war nicht
unbedingt überraschend, aber das Ausmaß, in dem die soziale Lage der
Eltern aus das Erleben der Kinder einwirkt, war erheblich.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die emotionale
Belastung von Kindern aus benachteiligten Familien besonders groß
ist. Wie zeigt sich das?
H.Z.: Wir haben den Kindern Fragen gestellt wie "Schämst du dich
oft?", "Bist du oft wütend und weißt nicht warum?" und "Passieren oft
doofe Dinge, die dich traurig machen?". Belastungen in dieser Form
finden sich bei etwa 30 Prozent der Kinder aus sozial benachteiligten
Familien, in privilegierten Familien sind es deutlich weniger.
Sie sagen, dass armen Kindern nur mit dem Bildungspaket nicht
geholfen ist. Vielmehr brauche es eine Infrastruktur, die allen
Kindern eine anregende Umgebung ermöglicht. Was gehört zu einer
solchen anregenden Umgebung?
H.Z.: Zu einer anregenden Umgebung gehört es zum Beispiel auf
Konzerte zu gehen, im Sportverein zu sein, Ausflüge zu machen, ein
Musikinstrument zu lernen etc. Das Bildungspaket unterstützt solche
Dinge bis zu einem gewissen Grad, aber eben nicht in einer
kostendeckenden Weise.
Wo müsste das Geld dafür herkommen?
H.Z.: Bei der Finanzierung sehe ich derzeit relativ wenige
Alternativen zur öffentlichen Hand. Das gilt aber nicht zwingend für
die Durchführung. Einrichtungen wie SOS-Kinderdorf übernehmen das zum
Teil ja jetzt schon.
Gekürzte Fassung - lesen Sie das vollständige Interview auf
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