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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel der Mittelbayerischen Zeitung Regensburg zur Balkanpolitik der Bundesregierung

ID: 470537

(ots) - Neue Kraftmeierei

Mit ihrer Balkan-Politik macht

die Bundesregierung keine gute Figur.

Europa schimpft über Angela Merkels Euro-Krisenmanagement, die
Welt schüttelt den Kopf über Deutschlands Haltung im Libyen-Konflikt,
und Barack Obama fliegt bei seinem großen Europa-Besuch über Berlin
einfach hinweg: Die schwarz-gelbe Regierung steht außenpolitisch
nicht gut da. Da trifft es sich, dass es noch einen Balkan gibt. Wenn
man es in der großen Arena nicht schafft, kann man immer noch auf dem
kleinen Parcours Stärke zeigen. Aber auch im Hinterhof machen die
Deutschen keine gute Figur. Mit ihrem Auftreten in Belgrad vorige
Woche hat die Kanzlerin sich in der Osterweiterung eigenmächtig den
Hut aufgesetzt und dem andrängenden Serbien eine zusätzliche
Bedingung diktiert. Wie Deutschland mit der angemaßten Rolle fertig
werden will, ist völlig ungewiss. Nur der Kollateralschaden tritt
klar zutage: Merkel hat unter den EU-Staaten provoziert. Bevor es
weitergeht mit Serbiens Annäherung an die Gemeinschaft, soll Belgrad
erst einmal seinen Einfluss im serbischen Norden des Kosovo aufgeben,
verlangte Merkel von Präsident Boris Tadic. Tadic hat das abgelehnt -
sofort und dann noch einmal, vor wenigen Tagen, in aller Klarheit vor
der serbischen Öffentlichkeit. Damit steht es patt. Belgrad hatte
sich ausgerechnet, im Herbst sowohl den Kandidatenstatus als auch
einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu bekommen.
Das mit den Verhandlungen ist jetzt Illusion. Nun lobbyiert Belgrad
in den anderen europäischen Hauptstädten, damit es noch zum
Kandidatenstatus reicht. Das Motiv der Merkel-Forderung ist
ehrenwert. Belgrad pokert auf die Teilung des Kosovo. Das wäre eine
schlechte Lösung, denn sie wäre ein Präzedenzfall und würde etliche
wacklige Grenzen auf dem Balkan noch wackliger machen. Es stimmt




auch, dass im Norden des Kosovo Schmuggel und organisiertes
Verbrechen regieren, ein Zustand, der so nicht bleiben kann. Wenn
aber Belgrad seinen Einfluss dort einfach aufgibt, wird nichts
besser. Die EU-Rechtsstaatsmission Eulex ist nicht in der Lage, das
Vakuum zu füllen. Nur die kosovarische Regierung würde lieber heute
als morgen in den Norden einmarschieren. Das wäre allerdings ein
Debakel. Die Behörden können hier gar nicht für Ruhe und Ordnung
sorgen - ganz abgesehen davon, dass es mit ihrer eigenen moralischen
Kraft, einen Sumpf von Korruption auszutrocknen, auch nicht eben zum
Besten steht. Auf die Dauer gibt es zur Integration des Nordens in
den neuen Staat keine Alternative. Mit Gewalt aber wird das nicht
funktionieren. Merkel hat in Belgrad sibyllinisch gesagt, "man" müsse
"alles tun, um einseitige Schritte einer Seite zu verhindern"- ein
kleiner Hieb auf die Regierung in Pristina, die im Juli ihre
Spezialpolizei in den Norden schickte. Ein klarer Ausschluss von
Gewalt aber war das nicht. Mit Ergebnissen bei den praktischen
Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina, schloss Merkel nämlich
an, würde "die Gefahr einseitiger Maßnahmen geringer". Das kann auch
heißen: "Wenn ihr Serben in den Verhandlungen nicht mehr nachgebt,
darf Pristina wieder seine Spezialpolizei schicken." Das Resultat
wären Flüchtlingskolonnen wie zuletzt vor zwölf Jahren. Berlin wird
dafür die Verantwortung übernehmen müssen. Der Balkan mag
weltpolitisch weniger bedeutend sein als die arabischen Länder.
Blamieren kann man sich hier aber genauso gut. Der Kanzlerin ist die
Region persönlich fremd. Architekten ihrer neuen Politik sind, wie
man hört, zwei kluge Leute: ihr Berater Christoph Heusgen und die
neue Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Emily Haber. Beide sind
lernfähig. Heusgen hat sich im Winter mit einer gründlich
gescheiterten Bosnien-Initiative die Hörner abgestoßen. Haber hat
über Kaiser Wilhelms verheerende Kanonenbootpolitik promoviert.
Erfolgreich war das Kaiserreich nur einmal: als Bismarck auf dem
Balkan den "ehrlichen Makler" gab.

von Norbert Mappes-Niediek



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Datum: 30.08.2011 - 18:36 Uhr
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