Kick-back-Rechtsprechung auf „bankenunabhängige“ Beratungsfirmen ausgeweitet. Dortmunder S-Private Banking GmbH verurteilt.
(firmenpresse) - (Bremen/Hamburg, 20. September 2011) Zu Schadenersatz in Höhe von 23.800 Euro wegen offensichtlich fehlerhafter Beratung hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm jetzt die S-Private Banking GmbH, Dortmund, eine hundertprozentige Tochter der Sparkasse Dortmund, verurteilt (Entscheidung vom 14. Juli 2011, Az.: 34 U 55/10). Bedeutsam ist das Urteil, weil es erstmals die gängige Kick-back-Rechtsprechung auch auf vermeintlich bankenunabhängige Beratungsfirmen ausweitet.
So genannte Kick-backs sind Provisionen, die Banken, Sparkassen und freie Anlageberater – allgemein: Vermittler – für den Verkauf von Finanzprodukten von den jeweiligen Emittenten erhalten. „Bei der Anwendung der Kick-back-Rechtsprechung haben Gerichte bislang zwischen ‚Bankberatern’ sowie ‚freien Vermittlern’ unterschieden“, erläutert Jens-Peter Gieschen, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalrecht sowie Partner der KWAG-Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht in Bremen und Hamburg. Bei ersteren, den Bankberatern also, wurde diese Rechtsprechung durchweg angewendet, bei freien Vermittlern hingegen nicht. Auf dieser Grundlage bedienten sich Banken und Sparkassen üblicherweise eines bis dato funktionierenden Kniffs, um die Anwendung der Kick-back-Rechtsprechung zu umgehen. Sie gründeten und unterhalten bis heute vermeintlich „bankunabhängige“ Beratungsfirmen.
Das dürfte künftig nicht mehr möglich sein. Denn „das Oberlandesgericht Hamm ist in zweiter Instanz unserer Argumentation gefolgt, indem es die Kick-back-Rechtsprechung auf die S-Private Banking GmbH angewendet hat“, sagt Rechtsanwalt Jens-Peter Gieschen. Und fügt hinzu: „Nach dieser Entscheidung dürfte es für Banken und Sparkassen sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein, sich in punkto Kick-backs der Verantwortung gegenüber ihren Kunden zu entziehen.“
Gegenstand des seit nunmehr knapp zwei Jahre dauernden Rechtsstreits war die Investition des Klägers in den Geschlossenen Fonds „Film und Entertainment VIP Medienfonds GmbH & Co. KG“, in Fachkreisen auch „VIP 4“ genannt. Die diversen VIP Medienfonds haben in den vergangenen Jahren traurige Berühmtheit erlangt. „Insbesondere aufgrund waghalsiger und strittiger steuerlicher Konstruktionen, die von den Finanzbehörden weit gehend nicht akzeptiert wurden, haben Anleger einen dreistelligen Millionenbetrag verloren“, erklärt Jens-Peter Gieschen. Die KWAG hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche Investoren als Kläger gegen unterschiedliche VIP Medienfonds erfolgreich vertreten und so zu ihrem Recht verholfen. Zudem erstritt die KWAG die Urteile vor dem OLG Hamm und der Vorinstanz, dem Landgericht Dortmund (Az. hier: 2 O 300/09).
Im vorliegenden Fall hatte sich der Kläger mit 40.000 Euro zuzüglich fünf Prozent Agio am Geschlossenen Fonds VIP 4 beteiligt. 45,5 Prozent – umgerechnet 18.200 Euro – wurden, wie die Fondsbedingungen es vorsahen, mithilfe eines Darlehens der damaligen HypoVereinsbank fremdfinanziert. Aus dem Eigenkapital des Investors stammten mithin 21.800 Euro (40.000 minus 18.200) plus 2.000 Euro Agio (fünf Prozent von 40.000 Euro), insgesamt also 23.800 Euro.
Weil bei der Fondsbeteiligung, vor allem aufgrund der steuerlichen Probleme, ein Totalverlust, zumindest die Einbuße des größten Teils vom eingesetzten Eigenkapital drohte, beanspruchte der Kläger und Investor Schadenersatz von der S-Private Banking GmbH Dortmund wegen Falschberatung. „Genau diese hat das Landgericht Dortmund in erster Instanz attestiert. Der Anlageberater hatte nämlich seinen Kunden nicht darüber informiert, dass sein Arbeitgeber gut 2.800 Euro, also rund sieben Prozent von 40.000 Euro Nominalinvestition, als Vertriebsprovision vom Fondsemittenten erhält“, erläutert Rechtsanwalt Jens-Peter Gieschen. Solche im Jargon als „Kick-backs“ bezeichnete Vergütungen müssen aber, so will es der Gesetzgeber, jedem Anleger offengelegt werden.
In erster Instanz sprach das Landgericht Dortmund dem Kläger die Erstattung seines Eigenkapitaleinsatzes (inklusive des Agio) in Höhe von 23.800 Euro zu. Überdies wurde die S-Private Banking GmbH Dortmund zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.028,36 Euro und der Prozesszinsen verurteilt. Die Berufung der beklagten Sparkassentochter vor dem OLG Hamm hatte keinen Erfolg. Die westfälischen OLG-Richter ließen zudem eine Revision nicht zu.
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