(ots) - "Finanzdienstleistungen rund ums Auto
sind ein unverzichtbarer Stützpfeiler der Automobilindustrie. Die
Autobanken haben sich in der Krise 2008 und 2009 als stabilisierender
Faktor erwiesen, jetzt sind sie Wachstumsmotor für die gesamte
Branche in einer sich schnell ändernden Welt", sagte Klaus Bräunig,
Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf der
Veranstaltung "Automobile Finanzdienstleistungen für Pkw" auf der
IAA.
Die Automobilwirtschaft erlebe derzeit einen schnellen Wandel bei
den Mobilitätswünschen und im Anspruchsdenken der Kunden, bestätigte
Karl Strom, Leiter von Banque PSA Finance in Deutschland. Das
betreffe alle Bereiche rund ums Auto, von der Produktqualität über
Ergonomie und Komfort im Auto, Design, Sicherheit,
Umweltverträglichkeit "bis zur Service-Qualität". Gleichzeitig
veränderte sich auch die Mentalität der Auto-Nutzer "vom
Besitzstandsdenken zum Mobilitätsdenken". Habe es früher geheißen:
"Ich kaufe ein Auto", gehe der Trend heute zu "Ich kaufe eine
Mobilitätsleistung". Gerade das Elektroauto stehe für diesen neuen
Weg. Urbane Mobilität bedeute dann, dass ein Nutzer eine
Kurzzeit-Miete für einen Pkw mit kombiniertem Bus- oder Bahnanschluss
anstrebe, "und das alles organisiert über das iPhone. Darauf müssen
auch wir Finanzdienstleister reagieren". Der Weg gehe damit von
Standard-Anforderungen bei Finanzierungs- und Schadensverträgen zu
"individuellen Vertragslösungen und personalisierten Web-Portalen",
so Strom.
Gerhard Künne, Geschäftsführer der Volkwagen Leasing GmbH, macht
ähnliche Entwicklungen im Flottengeschäft aus. "Der Flottenmarkt ist
ein Wachstumsmotor", der derzeit schneller zulege als das
Privatkundengeschäft. Dabei sehen sich Flottenmanager steigenden
Anforderungen gegenüber, beispielsweise bei der Einhaltung von
Umweltvorgaben bei neuen Pkw und der Herstellung einer lückenlosen
Mobilität für die Fuhrparknutzer. "In einem Jahr kommen in einem
Betrieb schnell mehrere zehntausend Tank-, Park- und Reparaturbelege
zusammen." Die Leasinggesellschaften müssten daher mehr Unterstützung
leisten. Als Beispiel nannte er die seit kurzem mögliche
Online-Leasingrücknahme: "Der Kunde dokumentiert mittels eines
iPhone-Apps mögliche Schäden am Leasingfahrzeug und übermittelt Fotos
und Anmerkungen per Online-Formular. Bei Zustimmung seitens der
Leasinggesellschaft ist der Fall für den Kunden erledigt, weitere
Papierarbeit unnötig." Als große Herausforderungen bezeichnete Künne
das anbrechende Zeitalter der Elektromobilität und die "Mikromiete",
das minutengenaue Abrechnen von Mietfahrzeugen vorrangig in der
Stadt. Kritisch äußerte sich Künne zu Plänen, die Batterie in
Elektroautos separat zu leasen: "Das Auto bleibt eine Einheit. Am
Ende entscheiden aus Kundensicht immer die Gesamt-nutzungskosten pro
Kilometer."
"Die deutsche und internationale Automobilindustrie steht für eine
Innovationsdynamik wie kaum eine andere Branche", sagte Karsten
Crede, Vorstandsmitglied der Allianz Versicherungs AG. "Das sehe ich
bei der internationalen Finanz- und Versicherungswirtschaft nicht so
stark ausgeprägt." Die Branche beschäftige sich oft "eher mit der
Marderbiss-Versicherungsdeckung als mit globalen Megatrends". Dazu
zählten so unterschiedliche Faktoren wie die Nachfrage-Verschiebung
in Richtung Asien, das "Downsizing" bei Motoren, kontinuierlich
verbesserte Fahrzeugsicherheit und das sich schnell verändernde
Mobilitätsverhalten der Bürger. "Immer differenziertere Ansprüche der
Kunden sind ein großes Thema auch für uns." Für die kommenden Jahre
sei weltweit mit einem deutlich Anstieg der Neuzulassungen zu
rechnen. Davon würden dann nur noch 70 Prozent Pkw mit klassischem
Verbrennungsmotor entfallen, der Rest auf Hybrid-, Range-Extender-
und Elektroautos, die heute erst zwei Prozent des Weltmarktes
ausmachen. Die Versicherungsbranche stehe dabei vor völlig neuen
Erfahrungen. "Noch offen ist beispielsweise, wie das Geschäftsmodell
für Elektroautos aussieht. Es gibt noch keine Erfahrungen für
Restwerte oder Batterie-Leasing."
Wichtig für die zutreffende Bewertung von Restwerten und
Fahrzeugbeständen ist die Möglichkeit der Identifizierung der
einzelnen Fahrzeuge unter anderem hinsichtlich der verschiedenen
technischen Ausstattungsmerkmale sowie des Zubehörs. Die Deutsche
Automobil Treuhand (DAT) hat für diesen Zweck den "Europa-Code"
entwickelt, den Volker Prüfer, Geschäftsführer der DAT GmbH,
vorstellte. Seien früher nur oberflächliche Schätzungen möglich
gewesen, könnten Restwertberechnungen nunmehr mittels verschiedener
Rechenschritte in Online-Kommunikation von Kfz-Betrieb,
Kraftfahrt-Bundesamt, Fahrzeugherstellern, Versicherer und DAT die
Fahrzeuge auf Basis des DAT-Europa Codes verarbeitet werden.
Herrschte bislang eher "babylonische Sprachverwirrung" bei der
Einordnung der Vielzahl von Fahrzeugtypen und -ausstattungen, finde
jetzt mit einer detailgenauen Klassifizierung eine einheitliche
Systematik Anwendung.
In der Diskussionsrunde wurde deutlich, dass sich die automobilen
Finanzdienstleister bereits aktiv auf die Vermarktung der Fahrzeuge
mit alternativen Antrieben vorbereiten. Die Autobanken und
Leasinggesellschaften werden hier eine Schlüsselrolle spielen. Bei
den bestehenden Antriebsarten und den steigenden Umweltanforderungen
etwa im Flottengeschäft können sich die Autobanken ebenfalls
erfolgreich behaupten.
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Eckehart Rotter
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