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BERLINER MORGENPOST: Papandreou ist ein tragischer Held

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(ots) - Der Rücktritt des griechischen Ministerpräsidenten
Giorgos Papandreou hat eine tragische Note. Kein Politiker seines
Landes vor ihm ist so konsequent und ohne Rücksicht auf eigene
Pfründen zu Werke gegangen. Papandreou wirkte zuweilen wie die
personifizierte Moral in einem Meer organisierter
Verantwortungslosigkeit, auch wenn sein Vorschlag, das Volk in einem
Referendum über das Sparpaket und die Zugehörigkeit zum Euro-Raum
abstimmen zu lassen, in der EU eher auf Entsetzen stieß. Dieser
fehlgegangene Vorschlag aber war letztlich auch ein Versuch, die
vergiftete innenpolitische Atmosphäre Griechenlands zu reinigen. Weil
sich zu viele Politiker in Athen verweigerten und nur ihren
taktischen Vorteil als das Wohl des Landes im Auge hatten, suchte
Papandreou am Ende Beistand beim Volk. Nun sollen die
sozialdemokratische Pasok und ihre Gegner von der konservativen Nea
Dimokratia gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen. Dieses Bündnis
wäre auch schon vor Monaten möglich und notwendig gewesen, doch auch
jetzt kam es erst nach massivem äußerem Druck zustande. Vor allem der
griechische Oppositionsführer Antonis Samaris verfolgte eine
verantwortungslose Fundamentalopposition. Während große Koalitionen
in Deutschland auf Landes- und Bundesebene selbstverständliche
Bündnisse sind, werden nun in Athen politische Kräfte
zusammengespannt, die sich bisher nur befehdet, behindert und
blockiert haben. Die Gründe für diese Feindseligkeiten liegen in der
zerrissenen Geschichte des Landes, dem Bürgerkrieg, der Herrschaft
der Obristen. Griechenland konnte die totalitäre Herrschaft wie
Spanien und Portugal erst in den 70er-Jahren abschütteln; in all
diesen Ländern ist es bisher weit weniger zu republikanischen
Verständigungen zwischen links und rechts gekommen als bei uns. Die
erste große Koalition wurde in Deutschland schon 21 Jahre nach




Kriegsende gebildet, die zweite wird von den Bundesbürgern bereits
zwei Jahre nach ihrem Ende regelrecht idealisiert. Wenn Papandreous
Rücktritt nun dazu führen würde, dass sich auch im gebeutelten
Griechenland eine Philosophie des Kompromisses und der Verantwortung
durchsetzt, die frei ist von linker oder rechter Vetternwirtschaft,
wäre viel gewonnen. Nicht nur in Athen hat die Schuldenkrise
politische Erdbeben verursacht. Portugal hat den Regierungswechsel
hinter sich, Berlusconi steht in Italien offenbar kurz vor dem
Rücktritt, in Spanien wird noch in diesem Monat neu gewählt. Auch die
Geschichte dieser Länder ist von scharfen Kontroversen und
Lagerbildung geprägt. Auch dort wird man erst lernen müssen, dass der
Weg aus der Schuldenfalle eine gemeinsame Kraftanstrengung sein muss
- jenseits von parteipolitischen Spielchen. Es ist offen, ob diese
Erkenntnis bei Pasok und Nea Dimokratia wirklich angekommen ist. Die
zähe Regierungsbildung der vergangenen Tage lässt nichts Gutes ahnen.
Und die Gefahr, dass die politischen Blöcke nach drei Monaten von der
EU erzwungener Einheitsregierung wieder in die alten, stupiden Rollen
zurückfallen, ist leider nicht gebannt.



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Datum: 08.11.2011 - 20:02 Uhr
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