(ots) - von Anette Asmussen
Autsch, das tat weh: "Das Europäische Parlament hat nichts zu
sagen, deshalb dürfen dort auch Kleinst- und Splitterparteien
mitreden." So klingt - zugegeben etwas polemisch - die gestrige
Entscheidung der Karlsruher Richter zur Fünf-Prozent-Klausel bei
Europawahlen zusammengefasst.
Tatsächlich stellten die Juristen fest, dass besagte Klausel
grundsätzlich sinnvoll und wichtig sei, um die Funktionsfähigkeit
eines Parlaments zu sichern. Weil aber das Europaparlament -
verglichen etwa mit dem Bundestag - viel zu wenig zu sagen habe,
könne man in seinem Fall gar nicht von einem richtigen Parlament
sprechen. Und deshalb brauche es dort auch keine Fünf-Prozent-Hürde.
Vielmehr komme es dort darauf an, dass jede gültig abgegebene Stimme
im Wahlergebnis Beachtung finde.
Die Karlsruher Richter brüskieren mit dieser Begründung das
Europaparlament. Das ist das Eine. In gewisser Weise haben die
Juristen sogar Recht: Bis heute hat das Europarlament kein
Initiativrecht bekommen. Es kann in der Europäischen Gesetzgebung
allenfalls mitspielen, nicht aber bestimmend gestalten. Und das
gescheiterte Bemühen um eine Europäische Verfassung hat gezeigt, wie
weit die Mitgliedsstaaten noch von einem geeinten, starken Europa
entfernt sind.
Doch gerade vor diesem Hintergrund und angesichts der aktuellen
Krise ist die gestrige Entscheidungsbegründung mehr als eine bloße
Ohrfeige. Sie ist ein gefährliches Signal. Denn im aktuellen
europäischen Polit-Wirrwarr steht die Staatengemeinschaft am
Scheideweg: Werden die Mitglieder füreinander einstehen und als
Gemeinschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen? Oder steht uns der
Rückfall in eine kraftlose Kleinstaaterei bevor? Schaut man auf den
respektlosen Spruch aus Karlsruhe, sieht es schlecht aus für die Idee
der europäischen Demokratie.
Pressekontakt:
Flensburger Tageblatt
Anette Asmussen
Telefon: 0461 808-1060
redaktion(at)shz.de