(ots) - Niemand mache sich etwas vor: Ob die Putin-Partei
Geeintes Russland bei einer Duma-Wahl nun zwei Drittel der Stimmen
bekommt wie 2007 oder um 50Prozent wie am Sonntag, das ist
gelinde gesagt gleichgültig. Das Parlament hat in der vom Kreml
"gelenkten Demokratie" so wenig Macht wie die Wähler. Wer angesichts
des Stimmenverlustes oder der Pfiffe, die kürzlich gegen Putin
ertönten, eine Götterdämmerung heraufziehen sieht, der irrt. Im
kommenden März wird Putin wieder zum Präsidenten gewählt. Daran gibt
es keine Zweifel. Es kann sie schon deshalb nicht geben, weil die
herrschende Kremlkaste notfalls das Ergebnis fälschen wird. Die
Hackerangriffe auf die wenigen unabhängigen Medien und viele weitere
Manipulationsversuche an diesem Wahlsonntag geben nur einen
Vorgeschmack auf das, was Ex-Geheimdienstler Putin täte, wenn es
wirklich ans Eingemachte ginge. Im Zweifelsfall würde er nicht
zögern, Widerstand mit Gewalt zu unterdrücken. Es nützt auch nichts,
sich die Opposition in Russland schönzureden. Die Stimmverluste von
Geeintes Russland kommen nicht liberalen oder pro-westlichen Parteien
zugute. Vielmehr profitieren ewiggestrige Kommunisten und
großmachtsüchtige Nationalisten. Es ist die strukturkonservative und
politisch weitgehend apathische Gesellschaft in dem Riesenreich des
Ostens, die nicht reif für demokratischen Wandel ist. Die
jahrzehntelange Sowjetdiktatur und die kurze Phase der Freiheit unter
Boris Jelzin, die in rüde Rechtlosigkeit ausartete, haben ihre Spuren
hinterlassen. Heilsversprechen eines schnellen Wandels sind
Augenwischerei. Putin wird ab 2012 vermutlich zwei sechsjährige
Amtsperioden lang bis 2024 regieren. Darauf sollte sich der Westen
einstellen und sich eine Strategie überlegen, wie sich Russland
langfristig verändern lässt oder wie sich zumindest die schlimmsten
Fehlentwicklungen stoppen lassen. Wenn es dafür überhaupt ein Rezept
gibt, so kann es nur lauten: mehr Offenheit. Wer sich, wie die EU
dies tut, mit einem strengen Visa-Regime gegen den Osten abschottet,
kann dort kaum Begeisterung für westliche Werte erwarten. Freies
Reisen für alle ist wichtiger als ein pompös inszenierter
"Petersburger Dialog" der Eliten. Und auch die Devise "Wandel durch
Handel" darf sich nicht auf Gas-Geschäfte beschränken. Der Westen
müsste stärker für die eigenen Ideen brennen, wenn er andernorts ein
Feuer entfachen will.
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