(ots) - Rekordwert beim Umsatz, Produktion über
Vorkrisenniveau, Forschungsausgaben erhöht, Beschäftigung aufgebaut:
2011 war in vieler Hinsicht ein gutes Jahr für die chemische
Industrie in Deutschland. Für 2012 rechnet die Branche aber mit
deutlich geringerem Wachstumstempo. Diese Bilanz hat der Verband der
Chemischen Industrie (VCI) auf seiner Jahrespressekonferenz in
Frankfurt vorgestellt.
Der VCI erwartet, dass die deutsche Chemieproduktion 2012 um 1,0
Prozent zulegen wird. Auch die Erzeugerpreise sollen mit 1,0 Prozent
in der gleichen Größenordnung steigen. Für den Umsatz rechnet der VCI
mit einem Plus von 2,0 Prozent. VCI-Präsident Dr. Klaus Engel
erklärte: "Es ist schwer, eine treffsichere Vorhersage für die
kommenden 12 Monate zu machen. Der Nebel ist in jüngster Zeit
dichter, die Sichtweite geringer geworden." Die ungelösten
Schuldenkrisen in der EU und den USA, die Konsumenten und Unternehmen
zunehmend verunsicherten, wirkten sich dämpfend auf das
Chemiegeschäft im nächsten Jahr aus. Von Krisenstimmung könne aber in
der Branche keine Rede sein, betonte Engel: "Auch 2012 wird es für
die chemische Industrie aufwärts gehen, wenn auch langsamer als in
diesem Jahr."
Die Prognose des VCI stützt sich auf verschiedene Faktoren: Nach
derzeitigen Expertenschätzungen wird das Bruttosozialprodukt in
Deutschland und der EU 2012 um rund 1 Prozent ansteigen - wovon auch
die Industrie profitiert. "Wenn unsere wichtigste Kundengruppe, die
rund 22 Prozent zur Wertschöpfung in diesem Land beisteuert, weiter
wächst, besteht kein Grund, dass die Chemie nicht in ähnlicher
Größenordnung zulegen sollte", erklärte Engel. Rund 80 Prozent der
Produktion chemischer Erzeugnisse gehen an industrielle Abnehmer.
Auch die Entwicklung der Lagerbestände für Chemikalien bei den
Industriekunden spricht nach Ansicht des VCI nicht dafür, dass 2012
mit einer Rezession in der Branche gerechnet werden müsse. Ein
bremsender Effekt für das Chemiegeschäft, so der VCI-Präsident, sei
hier ebenso wenig zu erwarten wie von der Entwicklung des Ölpreises.
Stabilisierend wirke zudem, dass der Anteil der deutschen
Chemieexporte in die globalen Wachstumsregionen Asien, Lateinamerika
und Osteuropa kontinuierlich steige.
Politische Unsicherheitsfaktoren für die wirtschaftliche
Entwicklung in 2012
Engel warnte jedoch vor politischen Konjunkturrisiken für den
gesamten Euro-Raum. Die Refinanzierung der Staatsschulden in der EU
sei ein erheblicher Unsicherheitsfaktor für die wirtschaftliche
Entwicklung. "Die Schuldenkrise wird mehr und mehr zu einer Belastung
für die Realwirtschaft, weil es die Politik bislang nicht geschafft
hat, die Finanzmärkte von der Wirkung ihrer Maßnahmen zu überzeugen."
Der VCI-Präsident verwies auf den bevorstehenden Gipfel in Brüssel.
Hier solle ein weiteres Paket zur Stabilisierung der Schuldenkrise
und des Euros beschlossen werden. "Wir hoffen, dass es damit gelingt,
das Vertrauen der Finanzmärkte in das Handeln der Politik
zurückzuholen. Davon würde auch die Realwirtschaft profitieren."
Als einen weiteren Unsicherheitsfaktor für die Konjunktur in
Deutschlands drittgrößter Branche im kommenden Jahr wertete Engel die
Beschlüsse zur Energiewende. "Der Anstieg der Stromkosten, der durch
das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und den Emissionshandel
befördert wird, sorgt für erhebliche Verunsicherung in der chemischen
Industrie." Die staatlichen Belastungen durch das EEG und die anderen
relevanten Energiegesetze addieren sich 2011 in der Chemie auf über
1,3 Milliarden Euro. Zu möglichen Engpässen bei der Energieversorgung
sagte der VCI-Präsident: "Der Lackmustest, ob nach der Abschaltung
von acht Kernkraftwerken die Versorgungssicherheit mit Grundlaststrom
für unsere Unternehmen über die Wintermonate hinweg lückenlos
funktioniert, steht uns noch bevor."
Das Chemiejahr 2011 in Zahlen und Fakten
Produktion: Der Zuwachs bei der Herstellung chemischer Erzeugnisse
fiel deutlich höher aus, als der VCI vor 12 Monaten erwartet hatte:
Im Vergleich zum Vorjahr legte die Chemieproduktion 2011 um 4,0
Prozent zu.
Umsatz: Der Gesamtumsatz der deutschen chemischen Industrie ist
2011 um 9 Prozent auf insgesamt 186,5 Milliarden Euro gestiegen. Das
Geschäft mit Kunden im Ausland entwickelte sich dabei etwas
dynamischer als im Inland. Der Auslandsumsatz der deutschen
Chemieunternehmen stieg um 10 Prozent auf 110,2 Milliarden Euro. Der
Inlandsumsatz wuchs parallel um 7,5 Prozent und erreichte ein Volumen
von 76,3 Milliarden Euro.
Preise: Chemikalien und Pharmazeutika sind im abgelaufenen Jahr
durchschnittlich 5 Prozent teurer geworden. Steigende Rohstoffkosten
zwangen viele Unternehmen, die Preise für ihre Produkte anzuheben. Im
Laufe des Jahres gaben die Rohstoffpreise wieder leicht nach. Bei
schwächer werdender Nachfrage kam der Preisauftrieb im vierten
Quartal 2011 zum Erliegen.
Investitionen: Wegen der raschen Erholung im deutschen
Chemiegeschäft hatten die Unternehmen bereits im vergangenen Jahr
ihre Zurückhaltung bei Investitionen abgelegt. 2011 setzte sich
dieser Trend weiter fort. Investierte die Chemiebranche 2010 noch
rund 5,8 Milliarden Euro in Gebäude und Anlagen, geht der VCI für
2011 von Investitionen in Höhe von rund 6,4 Milliarden Euro aus. Das
entspricht einem Zuwachs von 10 Prozent.
Forschungsaufwendungen: Die Chemie hat auch im abgelaufenen Jahr
ihr Bekenntnis zum Forschungsstandort Deutschland unterstrichen. Die
Unternehmen haben 2011 ihre Aufwendungen für die Entwicklung neuer
Produkte und Verfahren um rund 6,5 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro
ausgedehnt.
Beschäftigung: Die gute Chemiekonjunktur des Jahres 2011 hatte
auch positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Unternehmen
stellten wieder neues Personal ein, nachdem in der Wirtschaftskrise
freiwerdende Stellen zunächst nicht neu besetzt worden waren. Die
Zahl der Arbeitsplätze in der Branche nahm daher 2011 um 2,5 Prozent
zu. Insgesamt beschäftigt die Chemieindustrie aktuell rund 425.000
Mitarbeiter.
Außenhandel: Die Exporte, die neben den Auslandsumsätzen der
Chemieunternehmen auch Re-Exporte sowie Exporte von Chemikalien aus
anderen Wirtschaftszweigen ins Ausland enthalten, stiegen im
Gesamtjahr 2011 um 6 Prozent auf 150,9 Milliarden Euro. Die größten
Zuwächse kamen dabei aus Asien und Südamerika. Aber auch die
europäischen Nachbarländer orderten verstärkt bei den deutschen
Chemieunternehmen. Die Importe chemischer Erzeugnisse stiegen auf
109,2 Milliarden Euro. Das sind 7,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Gleichzeitig trugen die deutschen Chemieunternehmen 2011 mit mehr als
41 Milliarden Euro wieder deutlich zum deutschen Exportüberschuss
bei.
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