(ots) - Eine Tür will der deutsche Finanzminister
Wolfgang Schäuble den Briten offenhalten: Wenn sie dereinst doch noch
der Fiskalunion beitreten wollen, so der CDU-Politiker, wolle man sie
gerne mit dabei haben. Es ist eine naive Hoffnung. Im ganzen
Königreich gibt es zur Zeit keinen einzigen führenden Politiker,
welcher Couleur auch immer, der es wagen könnte zu sagen, dass
Großbritannien sich dem Euro anschließen oder sich einer Brüsseler
Finanzaufsicht unterwerfen solle. Solange der Euro schwächelt, wird
sich daran auch nichts ändern. Andererseits verrät Schäubles Offerte,
dass es Deutschland nicht daran gelegen sein kann, dass sich
Großbritannien aus der EU verabschiedet. Zum einen, weil Europa ohne
die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt und die drittgrößte der EU
einfach schwächer dastehen würde. Und zum anderen, weil Deutschland
in Zukunft einen britischen Verbündeten ganz gut brauchen könnte. Die
marktwirtschaftlichen, fiskalisch konservativen und
wettbewerbsorientierten Instinkte der Briten bilden ein gutes
Gegengewicht gegen mediterrane Laxheit in Finanz- und
Wirtschaftsfragen. Für Griechenland, Portugal, Spanien und Italien
sollte das Königreich als Vorbild gelten: Kaum einer in Europa spart
derzeit so verbissen wie die Briten. Natürlich denkt London nicht
ernsthaft darüber nach, das Tischtuch zu zerschneiden. So
euroskeptisch er sein mag, ist Premierminister Cameron doch Realist
genug zu wissen, was im nationalen Interesse liegt, zumal er gleich
neue Wahlen ausschreiben kann, wenn ihm sein liberaldemokratischer
Koalitionspartner von der Fahne geht. AberEine gefährliche Dynamik
könnte sich jetzt entfalten. Konservative Euroskeptiker wittern
Morgenluft und gieren nach einer Chance zur Konfrontation mit der EU.
Wenn sich auf der kontinentalen Seite des Ärmelkanals ebenfalls
Streitlust ausbreitet, sind die Voraussetzungen geschaffen, dass die
Sache eskaliert. Höchste Zeit also für beschwichtigende Worte. Sei es
von Schäuble oder anderen.
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