(ots) - Die Europäische Union ist ein überholtes,
steifes Konstrukt aus Zahnrädern. Es dreht sich zu langsam oder kommt
in den entscheidenden Momenten zum Stehen, weil einige Zähne ins
Leere greifen. Die Zähne am Rad der Ratspräsidentschaft zum Beispiel.
Die Abfolge der sich abwechselnden EU-Länder ist bis Sommer 2020
festgelegt. Dadurch hat der Rat nun schon zum zweiten Mal einen
Mitgliedstaat auf dem Vorsitz, der in Anbetracht der
alleinbestimmenden Eurokrise fehl am Platz ist. Wie der Vorgänger
Polen gehört auch Dänemark nicht zum Euroklub, hat also bei dessen
Verhandlungen nichts zu sagen. Bei den Treffen der Eurogruppe werden
die Dänen im besten Fall geduldet. Schon vor ihrer Präsidentschaft
hat Sarkozy der Dänin ohne Umschweife vorgehalten, ihr Land sei klein
und außen vor. Daher werde er auf sie auch nicht hören. Als
Vermittler zwischen Euroländern und anderen Außenseitern wirkt
Dänemark, wie wir es bisher kennen, unglaubwürdig. Zeigten sich die
Dänen doch bisher nicht sonderlich solidarisch gegenüber der EU: Aus
den wesentlichen Integrationsmechanismen hat es sich ausklammern
lassen. An der EU-Politik zu Sicherheit, Justiz und Inneres beteiligt
es sich seit jeher nicht. Der Europakt liegt nicht auf Helle
Thorning-Schmidts Tisch sondern auf dem des ständigen Ratspräsidenten
Herman Van Rompuy. Offiziell ist noch nicht mal klar ob sich Dänemark
dem Pakt anschließen wird. Doch eigentlich wissen alle, dass sie als
Ratspräsidenten gar keine andere Wahl haben. Damit mit dem dänischen
Beitritt zum Europakt keine Volksabstimmung im Land der Euroskeptiker
fällig wird, versicherte Van Rompuy die Souveränitätsrechte der Dänen
nicht anzurühren. Der gute Wille von Dänemarks Ministerpräsidentin
Helle Thorning-Schmidt in allen Ehren. Doch verblassen die meisten
ihrer glänzenden Ziele für dieses Halbjahr damit im Feuerschein der
Eurokrise. Das hat sie selbst schon eingesehen. Diesen Freitag möchte
sie ihre Tagesordnung im Detail in Kopenhagen vorstellen: mehr
Verantwortung der Staaten, Dynamik im Binnenmarkt, Umweltschutz und
Sicherheit in Europa. Es bleiben denkbar schlechte Voraussetzungen
für erfolgreiche sechs Monate dänischer Ratspräsidentschaft. Dem
Halbjahr, in dem vor allen Dingen die Rettungsinstrumente der
europäischen Gemeinschaftswährung entwickelt werden sollen. Lösungen,
die alle 27 Mitgliedstaaten mittragen können. Den EU-Präsidenten
fehlt es an Durchsetzungskraft: der wechselnden Ratspräsidentschaft,
Van Rompuy genauso wie Barroso. Das Führungssystem der EU ist ein
Witz und der Schaden daraus nicht mehr zu verleugnen: Über alle Maßen
verschuldete Staatshaushalte, Mitgliedstaaten, die sich gegenseitig
nicht ans Bein pinkeln möchten. Unzählige
Vertragsverletzungsverfahren laufen, weil die Mitgliedstaaten machen,
was sie wollen. Die Staats- und Regierungschefs zeigen doch immer
wieder durch Worte und Nicht-Taten, dass sie das System, dem sie sich
selbst verpflichtet haben, nicht ernst nehmen. Genauso, wie die
nationalen krisenuntauglichen Regierungen, die im vergangenen Jahr
ausschieden, muss die Mechanik der EU ersetzt werden durch neue
zielgerichtete Mechanismen, die der Lage angemessen sind. Das von den
EU-Bürgern gewählte Europaparlament muss endlich eine unausweichliche
Instanz werden. Bisher kann es bei der Gesetzgebung einfach
ausgeblendet werden. Und statt mehrerer wirkungsloser Präsidenten
brauchen wir einen, der diesem Titel gerecht wird. Statt Statisten
für den schönen Schein braucht Europa Macher mit Macht. Und die
sollten vom Volk gewählt werden.
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