(ots) - Ende April wird in Frankreich der Präsident
gewählt. Doch für den Amtsinhaber hat der Wahlkampf längst begonnen -
auch, wenn sich Nicolas Sarkozy erst Ende Februar zum offiziellen
Kandidaten der konservativen UMP erklären wird. Der kleine Mann an
der Spitze der Grande Nation macht kaum einen Schritt, ohne daraus
einen Nutzen für seine eigene Popularität ziehen zu wollen. Und das
ist bei dieser Wahl nötiger denn je. Denn einen klassischen Zweikampf
wie er 2007 zwischen dem Konservativen Sarkozy und der Sozialistin
Ségolène Royal stattgefunden hat, wird es dieses Mal nicht geben.
Weitere Spieler buhlen um die Gunst der Wähler, von denen 52 Prozent
weder den Linken noch den Rechten zutrauen, das Land zu regieren.
Dementsprechend hat Sarkozy für jeden etwas zu bieten: Ein bisschen
Europa-Skepsis, ein bisschen Einwanderungspolitik - restriktive,
versteht sich-, ein bisschen Haushaltsdisziplin, etwas europäischer
Führungsanspruch. Klar ist aber: Die Nase vorn hat am Ende, wer die
besten Rezepte für die Wirtschaft zu bieten hat. Denn um die steht es
nicht gut. Die Arbeitslosigkeit in Frankreich ist mit mehr als zehn
Prozent so hoch wie seit zwölf Jahren nicht mehr, der Schuldenberg
ist auf mehr als 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsen,
die Wachstumsprognose für 2012 musste Sarkozy von 1,75 Prozent auf
ein Prozent korrigieren. Am Freitag wurde dann auch noch Frankreichs
Angstraum Wirklichkeit: Paris verlor seine Triple-A-Kreditwürdigkeit.
Kurzum: Sarkozys Wiederwahl ist alles andere als selbstverständlich.
Die Umfragen sprechen eine deutliche Sprache: Der Präsident konnte
den Abstand zu seinem sozialistischen Herausforderer Francois
Hollande zwar verringern und liegt mit 26 Prozent Zustimmung nur noch
zwei Prozentpunkte hinter ihm. An der Spitze des Kandidatenkampfes
steht momentan aber eine andere: die Kandidatin der rechtsextremen
Nationalen Front, Marine Le Pen. Sie erreicht in einer kürzlich
veröffentlichten Umfrage sogar mehr als 30 Prozent. Ihre Forderungen
nach einem Austritt Frankreichs aus der Euro-Zone und strengeren
Grenzkontrollen kommen an - die Konzentration auf die nationale
Souveränität ist in Zeiten der Krise eben en vogue. Das weiß auch
Sarkozy. Sein Rezept: Stärke in der Wirtschaftspolitik und
Führungsstärke auf der internationalen Bühne zeigen. Sarkozy will
eine "soziale Mehrwertsteuer" einführen, Unternehmen durch die
Senkung der Lohnnebenkosten entlasten, die heimische Industrie durch
eine Höherbesteuerung von Importartikeln fördern. Diese Woche ist ein
Jobgipfel angesetzt. Gegen das Haushaltsdefizit soll eine
verfassungsmäßig verankerte Schuldenbremse helfen. Dagegen sträuben
sich aber die oppositionellen Sozialisten, die in ihrer
Regierungszeit die 35-Stundenwoche sowie die Rente ab 60 eingeführt
haben - für Sarkozy der Ursprung vielen Übels. Warum er das nicht
ändert, sagt er nicht. Tatsache ist: Es würde ihm wertvolle
Wählerstimmen kosten. In der Euro-Krise inszeniert er sich als
starker Mann, auch, wenn er sich in vielen Punkten nicht gegen Angela
Merkel durchsetzen konnte. Dafür gibt es Soli im europäischen Konzert
der Mächte. Jüngstes Beispiel: die Finanztransaktionssteuer, die
Sarkozy auch im Alleingang einführen will - auch, wenn sie dann wenig
Sinn haben würde. Auf der Weltbühne genießt er noch heute Hochachtung
für sein Vorpreschen bei der Anerkennung des libyschen Übergangsrats
oder bei der Frage nach gezielten Luftanschlägen auf libysche Ziele.
Sarkozy ist ein Meister darin, sich in Szene zu setzen, die
Schlagzeilen zu dominieren. Ob ihm die Wähler seinen Politik-Mix aber
auch abkaufen, ist eine andere Sache. Bis diese Frage geklärt ist,
dürfte eines sicher sein: Für die Partner und vor allem für Angela
Merkel dürfte es bis dahin mit Sarkozy noch ein bisschen schwieriger
werden.
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