(ots) - Vorstandschefs brauchen Kommunikationstalent,
Begeisterungsfähigkeit und gute Zahlen / Generalisten heute wichtiger
als Spezialisten / Shareholder-Value-Konzept hat viel verdorben /
Auswahlprozess von Aufsichtsräten deutlich professioneller geworden /
Was zählt, ist vor allem Erfahrung / Politische Ämter waren nie
wirklich ein Thema
Hamburg, 18. Januar 2012 - Ein guter Vorstandschef ist
kommunikativ, kann andere mitreißen und legt gute Geschäftszahlen
vor. Dieser Meinung ist Deutschlands mächtigster Aufsichtsrat Manfred
Schneider. Im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe
02/2012, EVT 19. Januar) sind für den Aufsichtsrat von Bayer, Linde
und RWE heutzutage nicht mehr Spezialisten an der Unternehmensspitze
gefragt, sondern "Leute mit einem umfassenden Erfahrungsspektrum,
also Generalisten." Das stellt immense Herausforderungen, an denen
viele Kandidaten scheitern würden. Bei der Auswahl sei daher
zweitrangig, ob ein Vorstandsvorsitzender aus dem eigenen Unternehmen
kommt oder nicht. Wichtig ist, dass dieser alles berücksichtigt, was
mit dem Unternehmen und dessen Umfeld verbunden ist. Gegenüber
Aktionären, Mitarbeitern, Gewerkschaften, Politik und Öffentlichkeit
gilt für Schneider daher: "Was man nicht kommunizieren kann, kann man
auch nicht umsetzen."
Aus diesem Grund lehnt Schneider auch das lange Zeit populäre
Shareholder-Value-Konzept ab, wonach allein Aktionärs-Interessen die
Ausrichtung eines Unternehmens bestimmten. Im 'Capital'-Interview
bezeichnet er das Konzept als "Mode-Erscheinung", die zum Glück
vorbei sei: "Diese überzogene Forderung hat viel verdorben. Heute
lautet das Konzept ganz klar: Stakeholder-Value", also die
Berücksichtigung aller Einflussfaktoren für
Unternehmens-Entscheidungen. Ähnliches gelte auch bei der Auswahl von
geeigneten Aufsichtsräten. Diese laufe heute deutlich professioneller
ab als früher, etwa durch entsprechende Nominierungs-Ausschüsse auf
Seiten der Anteilseigner. Auch auf Arbeitnehmerseite habe sich hier
viel getan: "Die Gewerkschaften tun eine ganze Menge, zum Beispiel
indem sie ihre Leute schulen." Erfolgreiche Vorstandschefs zu
Aufsichtsratsvorsitzenden zu machen, hält Schneider dabei
grundsätzlich für sinnvoll. Allerdings müsse stets der
Erfahrungsschatz eines Kandidaten den tatsächlichen Ausschlag geben:
"Ein 35-Jähriger kann vielleicht einen Tennisklub leiten, aber keinen
Aufsichtsrat. Ein 55-jähriger Vorstand kann das durchaus."
Seine eigenen Mandate will der 73-jährige Schneider vertragsgemäß
beenden. Wie er gegenüber 'Capital' bestätigt, wird er noch in diesem
Jahr aus dem Aufsichtsrat von Bayer ausscheiden. Auch bei Linde, wo
sein Vertrag 2013 ausläuft, stehe eine Verlängerung wohl nicht zur
Disposition. Gleiches gelte für das Mandat bei RWE, das 2016 endet:
"Es macht mir Spaß, aber ich muss wirklich nicht mehr verlängern."
Auch die politische Bühne habe Schneider nie ernsthaft gereizt,
obwohl ihm sogar einmal ein Wirtschaftsminister-Posten auf
Landesebene angeboten worden ist. Einzig dem Ruf der Bundespolitik
hätte er nach eigener Auskunft wohl nicht widerstanden.
Pressekontakt:
Christian Baulig, Chefredaktion 'Capital',
Tel. 040/3703-8346, E-Mail: baulig.christian(at)guj.de
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