(ots) - So also sieht es aus, wenn die EU einmal
ordentlich mit der Faust auf den Tisch donnert. Gleich drei
Vertragsverletzungsverfahren hat die Kommission gegen den nach rechts
ausgescherten Ungarn Viktor Orban eingeleitet. Seltsam nur: Den in
die Schäm-dich-Ecke gestellten Budapester Populisten kümmert das
wenig. Glatt wie ein Aal, lud er sich ins Europaparlament ein und
kündigte dort Entgegenkommen an. Wer es glaubt! Tatsächlich hat Orban
nicht allzu viel von der EU zu befürchten. Ein ähnliches Szenario wie
jetzt haben beide Seiten vor Jahresfrist schon einmal durchexerziert.
Damals ging es um Orbans Mediengesetz, das die Pressefreiheit
aushebelt. Die EU schrieb einen Brief, Orban korrigierte Details -
das war's. Das demokratiefeindliche Gesetz blieb. So auch diesmal:
Orban hat mit seiner Zweidrittelmehrheit zum Jahresbeginn eine
Verfassung in Kraft gesetzt, die ihm den Weg zu einer autoritären
Herrschaft ebnet. Was aber fordert die EU? Die Zentralbank soll
unabhängig bleiben! Das ist schön. An die Wurzel des Übels, die neue
Verfassung, kommt die EU mit ihren Vertragsverletzungsverfahren
allerdings nicht heran. Bleibt die Hoffnung, dass finanzielle
Druckmittel Orban zum Einlenken zwingen könnten. Ungarn taumelt am
Rande des Staatsbankrotts entlang und ist auf EU-Milliarden
angewiesen. Doch seien wir ehrlich: Brüssel kann es sich in Zeiten
der Euro- und Schuldenkrise schlicht nicht erlauben, Ungarn fallen zu
lassen. Und so entpuppt sich auch die vermeintliche Macht des Geldes
als Fata Morgana. Wenn jemand Orban Einhalt gebieten kann, dann sind
dies nur die Ungarn selbst. Doch die haben ihren starken Mann vor
zwei Jahren in freien Wahlen mit seiner gewaltigen Machtfülle
ausgestattet. Das Thema Ungarn wird Europa deshalb noch lange
belasten. von Ulrich Krökel
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