(ots) - Das hat den Berlinerinnen und Berlinern gerade noch
gefehlt: Bei diesem Winterwetter ein Arbeitskampf bei der BVG. Egal
ob Warn- oder unbefristeter Streik - die Drohung seitens der
Gewerkschaft Ver.di kommt völlig zur Unzeit. Es hat etwas
Erpresserisches, seine Kunden in der Kälte stehen zu lassen, um Lohn-
und Gehaltsforderungen durchzudrücken. Dabei scheinen sich die
Interessenvertreter der Bus-, Straßenbahn- und U-Bahnfahrer Eis und
Schnee ganz bewusst als Kampfmittel nutzbar zu machen. Aus Erfahrung
beim letzten großen Streik im Frühling 2008? Damals trotzten die
Berliner monatelang dem Arbeitskampf, stiegen auf S-Bahn, Fahrräder
und Autos um oder bildeten Fahrgemeinschaften mit dem Erfolg, dass
die bestreikten Streiker aufgaben. Dabei sind die Forderungen von
Ver.di diesmal nicht einmal überzogen. Die Vorlage, die gestiegenen
Lebenshaltungskosten auszugleichen und dann noch ein bisschen
draufzupacken, ist zumindest nachvollziehbar. Und weit entfernt von
dem, was beispielsweise die Gewerkschaften mit ihren 6,5 Prozent für
den öffentlichen Dienst und für die VW-Beschäftigten verlangen. Bei
etwas mehr gutem Willen auf beiden Seiten müsste also eine schnelle
Einigung möglich sein, ohne die Berliner zusätzlich frieren zu
lassen. Natürlich ist der Verhandlungsspielraum für den Senat als
Eigner der BVG eng. Nicht nur die Stadt insgesamt stöhnt unter der
großen Schuldenlast (65 Milliarden Euro), auch die BVG mit ihren 750
Millionen Euro Miesen, die tendenziell eher noch zu- als abnehmen.
Dabei schießt der Senat ohnehin jährlich 250 Millionen Euro zu, damit
Busse, Straßen- und U-Bahnen rollen und die Fahrpreise im Vergleich
zum Bundesdurchschnitt moderat beleiben. Da überrascht es nicht, wenn
sich Ulrich Nußbaum als Finanzsenator so lange wie möglich knauserig
zeigt. Andererseits muss ihm als Aufsichtsratsvorsitzenden der BVG
daran gelegen sein, die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe bei Laune zu
halten, um einen zuverlässigen und kundenfreundlichen Fahrdienst zu
garantieren. Das ist in einer Zeit, da die S-Bahn diese eigentlichen
Selbstverständlichkeiten nicht bietet, noch wichtiger. Arbeitgeber
und Arbeitnehmer haben - wenn sie Schaden von den Menschen in ihrer
Stadt abwenden wollen - die Pflicht, in der nächsten Tarifrunde am
kommenden Dienstag oder spätestens in einem weiteren Treffen einen
Kompromiss auszuhandeln. Die Positionen liegen keineswegs so weit
auseinander, als dass eine erneute Kraftmeierei auf dem Rücken der
Berliner zu akzeptieren ist. Besonders die Gewerkschaften sollten,
auch wenn es derzeit kälter ist, aus den Erfahrungen von vor vier
Jahren gelernt haben. Zu denken geben sollte der alle zwei Jahre
entbrennende Kampf um mehr Lohn und Gehalt aber auch der Politik. All
denen in den Parteien und im Senat, die einmal davon träumten, die
marode S-Bahn zu kaufen und sie der BVG anzugliedern. Dann hätte
Ver.di den Hebel gehabt, um mit einer Drehung den gesamten
öffentlichen Nahverkehr in unserer Stadt lahmzulegen. Vor einer
solchen totalen Geiselnahme hat die Berliner ausgerechnet Bahnchef
Rüdiger Grube durch die Weigerung, die S-Bahn zu verkaufen, bewahrt.
Zumindest dafür für sei ihm gedankt.
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