Berlin, 10. Februar 2012 – Wieder einmal hat der Fiskus kräftig aufgerüstet: Wenn ein Unternehmer oder Freiberufler bei einer Betriebsprüfung nicht innerhalb einer angemessenen Frist die verlangten Auskünfte erteilt, die angeforderten Unterlagen vorlegt oder dem Prüfer den Datenzugriff auf seine EDV-Buchhaltung verweigert, dann kann dieser ein so genanntes Verzögerungsgeld festsetzen. Das kann gerade für kleinere Betriebe bedrohlich teuer werden: 2.500 bis 250.000 Euro sieht § 146 Absatz 2b der Abgabenordnung (AO) dafür vor. Eingeführt wurde diese Möglichkeit zwar schon mit dem Jahressteuergesetz 2009, doch hat Thomas Brandt, Steuerberater bei Ecovis in Berlin, „den Eindruck, dass die Finanzämter jetzt zunehmend zu diesem drakonischen Druckmittel greifen“.
(firmenpresse) - Das hängt womöglich damit zusammen, dass der Bundesfinanzhof (BFH) inzwischen die Streitfrage, wann die Finanzbehörden ein Verzögerungsgeld verhängen dürfen, zu deren Gunsten entschieden hat. Manche Kommentatoren wollten die Anwendung auf Fälle begrenzt sehen, in denen Unternehmen ihre elektronische Buchführung ins Ausland verlagert haben, weil das Verzögerungsgeld zusammen mit der entsprechenden Vorschrift des § 146 Absatz 2a eingeführt wurde und darauf Bezug nimmt. Laut BFH ist ein Verzögerungsgeld aber grundsätzlich immer dann zulässig, wenn der Steuerzahler seinen Mitwirkungspflichten bei einer Außenprüfung nicht fristgerecht nachkommt (Aktenzeichen: IV B 120/10).
Im Zweifel gegen den Steuerzahler
Das Grundproblem: Ob und in welcher Höhe ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird, ist Ermessenssache. Ein Verschulden, also Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Steuerpflichtigen, ist dafür nicht notwendig. Auch wenn das Bundesfinanzministerium (BMF) in einem Schreiben zum Verzögerungsgeld mahnt, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, „bleibt dem Finanzamt da viel Spielraum“, kritisiert Thomas Brandt. „Problematisch ist auch, dass es dem Prüfer freisteht, gleich die große Keule Verzögerungsgeld herauszuholen, statt es zunächst mit den üblichen Druckmitteln wie Schätzung oder Androhung eines Zwangsgeldes zu versuchen.“
Was zum Beispiel die „angemessene Frist“ angeht, plädiert das BMF für „möglichst kurzfristig“ und bevorzugt auch sonst eine engherzige Auslegung: Das Finanzamt müsse das Verzögerungsgeld nicht vorher androhen, sondern nur auf die Möglichkeit der Festsetzung hinweisen. Es sei zudem nicht erforderlich, dass die verlangten Auskünfte, Unterlagen oder Datenzugriffe zu Steuernachforderungen führen werden. Das Mitwirkungsverlangen bedürfe nicht der Schriftform. Und das Verzögerungsgeld könne für jede einzelne Pflichtverletzung getrennt erhoben werden. „Das öffnet im Zweifelsfall der Willkür Tür und Tor“, meint Brandt. Allerdings ist es laut BFH-Urteil nicht zulässig, diese Strafzahlung bei fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen mehrfach zu erheben.
Dagegen muss der Betroffene ein bereits festgesetztes Verzögerungsgeld auch dann entrichten, wenn er später doch noch seine Mitwirkungspflichten erfüllt, hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein schon 2010 entschieden (Aktenzeichen: 3 V 243/09).
Vorbeugen ist der beste Schutz
„Um sich vor einem ungerechtfertigten Verzögerungsgeld zu schützen, hilft daher nur rechtzeitige Vorbeugung“, erklärt Ecovis-Steuerberater Brandt. Konkret heißt das: Bei einer Betriebsprüfung sollte der Steuerzahler darauf achten, dass das Finanzamt die verlangten Informationen und Unterlagen möglichst genau konkretisiert. Wer Unterlagen nicht rechtzeitig beibringen kann, sollte schriftlich Fristverlängerung beantragen und begründen. Und gegen zu knapp bemessene Fristen sollten begründete Einwendungen erhoben werden.
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