Was ist das Besondere an der Kreativszene in Berlin? Wie versucht man in Deutschlands einziger UNESCO City of Design, Preisdumping zu verhindern? Viktoria Fahrnleitner, die in Graz Journalismus & PR studiert hat und nun in Berlin als freiberufliche Journalistin tätig ist, beantwortet diese Fragen in einem Gastbeitrag.
(firmenpresse) - Was ist das Besondere an der Kreativszene in Berlin? Wie versucht man in Deutschlands einziger UNESCO City of Design, Preisdumping zu verhindern? Viktoria Fahrnleitner, die in Graz Journalismus & PR studiert hat und nun in Berlin als freiberufliche Journalistin tätig ist, beantwortet diese Fragen in einem Gastbeitrag.
FREIHEIT: ICH WILL SELBSTSTĂ„NDIG SEIN
Berlin ist die Stadt, die immer wird, sagt man. Für schöpferisch tätige Menschen die beste Annahme, um sich eine Stadt als begehrten Dreh- und Angelpunkt auszuwählen. Das gilt besonders für jene Persönlichkeiten, die das Neue im Alten wittern und die Lohn und Anerkennung für all die Mühen in der eigenen Scheune geparkt wissen möchten. Kreative, die aus immer dreister werdenden Angestelltenverhältnissen ausbrechen und ihre eigenen Definitionen von Arbeitswelt leben wollen finden in Berlin also ein passendes Terrain.
Dazu bietet die Stadt etwas, das anderswo in dieser Form nicht zu finden ist: Sie hängt nicht zwingend an Erinnerungen, obwohl sie bewegte Vergangenheiten hat; sie kennt traditionsbewusste Strukturen, ohne dem jungen Bewusstsein die Atemluft abzuschnüren; ein ausbremsendes Hierarchiedenken fehlt. Vor allem aber erlaubt sie einen hartnäckigen, fast trotzigen Glauben an das eigene Wachstum in der Gegenwart. Dazu gesellen sich – bereit zum nicht immer fairen Abschöpfen des Potenzials – zahlreiche Auftraggeber aus allen Branchen. Dieses dichte Netz aus großen und kleinen (An-)Bietern bildet ein anziehendes Konglomerat. Eine Vielfalt, die viele aktionshungrige Kreative als einmalige Demokratie einschätzen und solidarisch festhalten. Und für die notwendigen Infrastrukturen sorgen die erfindungsreichen Tatkräftigen auch gleich selbst. Denn: Jammern ist nicht.
GEMEINSCHAFT: IN DER GRUPPE SIND WIR STARK
„Soll ich ein Belegexemplar schicken? In die Remise?” hatte der Druckereinangestellte gefragt. Für Tom Weigand, Grafikdesigner und Mitbegründer von Friendship Berlin, ein positives Schlüsselerlebnis. Denn: Ein neu adaptiertes Remisengebäude inmitten grüner Innenhofatmosphäre mit Standort Friedrichshain dient ihm und anderen Selbstständigen als Ort der Umsetzung für Aufträge und Ideen. „In der Remise“, das wurde mittlerweile auch zum geflügelten Wort unter Kunden und externen Kooperationspartnern. Gemeint sind damit das Jungunternehmen Friendship Berlin, spezialisiert auf nachhaltige Gestaltung und Kommunikation, und drei Freelancer, tätig in den Bereichen Film- und Postproduktion sowie 3-D-Animation.
In der Remise also empfangen, beraten und überzeugen sie ihre Kunden auf zwei Ebenen und unter einem gemeinsamen Dach. „Die Idee, Räumlichkeiten gemeinsam zu mieten, aber eigenständig abgetrennt für seine Unternehmungen zu nutzen, funktioniert gut”, sagt Tom Weigand. Rasch entwickelte sich ein „Umschlagplatz“ für den interessensverknüpften Austausch, auch außerhalb von Projekten und Arbeitszeiten.
Anfängliche Stolpersteine, die einen mutigen aber risikoreichen Alleingang vielleicht oft kläglich scheitern lassen, schafft man gemeinsam doch leichter aus dem Weg. Das flüchtige und wenig nachhaltig orientierte Großagentur-Dasein haben sie damit jedenfalls bewusst und endgültig hinter sich gelassen. „Es geht auch darum, sich auf Augenhöhe zu treffen und mit echtem Engagement an die Aufträge heran zu gehen. Das steigert die Arbeits- und Lebensqualität erheblich”, schließt Tom Weigand das Thema „Großagenturen“ lächelnd ab.
Positiv bemerkbar macht sich das Kollektiv in diesem Fall nicht nur in den Anschaffungs- und Fixkosten, sondern auch in der Auftragsabwicklung: „Der nächste Schritt, gemeinsame Projekte anzugehen, ergab sich von selbst. Davon profitieren auch unsere Kunden, weil wir erweiterten Service zu überschaubaren Kosten anbieten können”, erklärt Tom Weigand.
Die Auftraggeber interessieren sich nicht nur für eine nachhaltige Produktion, umweltbewusste Druckereibetriebe beispielsweise, sondern auch für nachhaltige Arbeits- und Personalstrukturen. Tom Weigand bestätigt: „Das ist ein starkes Thema geworden. Es gibt Entscheidungsträger, die Wert legen auf gute Arbeitsbedingungen und ausbeuterisches Verhalten gegenüber Mitarbeitern, vom Praktikanten bis zum Projektverantwortlichen, nicht unterstützen wollen.” Es gibt also bereits sensibilisierte Unternehmen, die positiv auf die neuen Selbstständigen als willkommene Alternative zu Großagenturen reagieren. „Diese Bereitschaft kommt unserer Haltung natürlich entgegen. Wir wollen hier ganz klar um- und mitgestalten.” Tom Weigand hält auch fest, dass die Arbeitsgemeinschaft in der Remise auch für externe Kooperationspartner, also Freie und andere Arbeitsgemeinschaften, die Türen offen hält.
Wo sich eine Zusammenarbeit bewährt hat, bleiben der Kontakt und die Weiterempfehlungen lebendig. Auch im Zeitalter des Internet-öffentlichen Netzwerkens kristallisieren sich damit altbekannte Tugenden heraus: Zuverlässigkeit und Ernsthaftigkeit. Nachhaltige, strukturierende Werte eben.
MOBILITĂ„T: SCHNELL RAUS, SCHNELL REIN - ICH MITE MICH NUR KURZ EIN
Nicht jeder kann oder will den Weg der ständigen Gemeinschaft einschlagen, hat dafür ausreichend Kapazität, Geld und Zeit. Wer dennoch Konferenzräume, Arbeitsplätze, Ausstellungsräume oder sonstige bauliche Infrastrukturen benötigt, kann sich rasch und unbürokratisch einmieten. Falls nötig, auch stunden- oder tageweise. Etwa das szenebekannte betahaus in Kreuzberg. Geboten werden Einzelleistungen und individuell zugeschnittene Servicepakete, wer will inklusive technischer Ausrüstung. Dass dieses Prinzip des Massen-Kollektivs, das auch den Singlebetrieb möglich macht, aufgeht, zeigt die gute Auslastung.
Solche flexiblen Einrichtungen, Coworking Space genannt, finden sich in ganz Berlin:
Studio 70 in Berlin-Neukölln oder die Josettihöfe in Berlin-Mitte, sind nur zwei weitere Adressen. Mobile Arbeitssituationen, wechselnde Produktionsteams und unregelmäßige Arbeitsaufträge sind reale Arbeitsbedingungen in der freien Kreativszene.
Aus diesem Hintergrund heraus entwickelten sich diese unverbindlichen Mietmodelle. Ob diese Varianten langfristig bestehen bleiben, vor allem in Hinblick auf demografische Entwicklungen – Überalterung der Gesellschaft und einer damit einhergehenden Entschleunigung – wird sich zeigen. Für die Gegenwart ist es eine notwenige Lösung geworden. Zu den auch sonst sehr mobilen Einwohnern Berlins passt das Konzept gut: Die Häufigkeit der Wohnungswechsel innerhalb der Spreemetropole liegt knapp über dem Bundesdurchschnitt. Berlin, die beständig Flüchtige.
SOLIDARITĂ„T: MIT NETZWERKEN GEGEN AUSBEUTUNG
Das Leben ist ein Geschenk, für alles andere musst du bezahlen. Für Selbstständige ist es schwieriger ihre Leistungen lückenlos in Rechnung zu stellen und Aufträge dabei zu behalten. Das hängt vor allem mit einer unschönen Auffassung so mancher Auftragsgeber zusammen. Deren Mantra: Einer macht es günstig, der Nächste macht es billiger.
Trotz digitaler Technik haben sich bestimmte Arbeitsprozesse in ihrer Komplexität nicht verändert oder sind nicht immens schneller geworden, das Bewusstsein dafür fehlt allerdings. Mühsame Arbeitsschritte bleiben dann komplett unbezahlt nach dem Motto: Wer zahlt bei Filmproduktionen schon Kopier- und Renderzeiten, geschweige denn die dafür zuständigen Assistenten? Da es außerdem keine gesetzlich festgelegten Tarifvereinbarungen oder sonstige Regelungen für kreative Dienstleistungen gibt, hilft vor allem eine jeweilige Branchenspezialisierung und Branchenkenntnis.
Dieses Branchenwissen bringt auch Vorteile für den kreativen und sozialen Part der Arbeit, denn das Umfeld und die Bedürfnisse potenzieller Auftraggeber müssen verstanden werden, um sie auch besser einschätzen zu können. Erst recht, wenn es dabei um Geld und Finanzen geht. Und an diesem Punkt zeigt Berlin ein Phänomen, das anderen Großstädten in dieser Ausprägung fehlt: Anstatt sich gegenseitig zu kannibalisieren, schließen sich Selbstständige und Freie immer häufiger zu einem Schulterschluss zusammen. Untereinander werden Erfahrungen ausgetauscht, es wird beraten und vermittelt. Ganz bewusst wird dem Preisdumping mit dieser solidarischen Einstellung entgegen getreten: „Dabei geht es nicht um geheime Preisabsprachen im großen Stil, sondern um die Balance von Wertschöpfung und Wertschätzung. Kreative Arbeit ist eine Leistung, die auch entsprechend honoriert werden muss. Dafür sollten wir als Vertreter der Kreativwirtschaft unsere Kunden sensibilisieren und uns gleichzeitig gegenüber unserer Branche verpflichten”, erklärt Katja Gumbalis von Friendship Berlin eines ihrer Anliegen.
Die erstrebte Arbeitsfreiheit wird also nicht einfach bloß umgesetzt, auch den Anderen wird sie gegönnt und damit erheblich erweitert. Wertschöpfung und Wertschätzung sind die immaterielle Butter aufs Brot, genau das hat die selbstständige Kreativszene in Berlin erkannt und zu einer kollektiven Triebfeder gemacht. Berlin ist wirklich anders.
Das BETA Young Creative Lab ist ein in Europa einzigartiges Laboratorium für Kreativität, in dem experimentiert und an kommerziellen Aufträgen gearbeitet wird.
Experimentieren bedeutet Kreativtechniken unter die Lupe nehmen, neue Anwendungen testen und an utopischen Ideen so lange feilen, bis innovative Lösungen gefunden sind.
Arbeiten an kommerziellen Aufträgen bedeutet, Dienstleister für Kreativunternehmen zu sein. Die Leistung: frische Denkansätze und unkonventionelle Lösungen in den Bereichen Kommunikationsdesign, Produkt & Präsentation/Industriedesign, Motiondesign sowie Social Media.
Im BETA Young Creative Lab arbeiten 20 kreative Freigeister aus unterschiedlichen Ländern und Design-Sparten gemeinsam an Projekten. Sie nennen sich Young Creatives, weil sie eben erst ihre Ausbildungen abgeschlossen haben und querdenken für sie selbstverständlich ist. Jeweils für ein Jahr lang sind sie Teil des Teams und werden von versierten Coaches unterstützt.
Das BETA Young Creative Lab wird von der EU kofinanziert und ist eine 100%ige Tochter der Steirischen Wirtschaftsförderung. Gegründet wurde es als Impulszentrum für Kreativität GmbH.
Cornelia Kröpfl
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