(ots) - Die Griechen haben die Demokratie erfunden. Gut
zweieinhalbtausend Jahre später sind sie auf dem besten Wege, sie zu
zerstören. Denn die vermeintlichen hellenischen Eliten haben das Land
aus Eigensucht bis kurz vor den Bankrott ruiniert. Allein Hilfe von
außen bewahrt die Wiege von Freiheit und Mitbestimmung vor dem
Zusammenbruch. Daran ändert auch das nach härtestem Ringen in Athen
verabschiedete neue Sparpaket nichts, das Voraussetzung für weitere
Milliardenkredite ist. Wut, Zorn und Protest der Griechen über
weitere Kürzungen von Gehältern, Mindestlohn und Renten sind
verständlich, treffen sie doch vor allem Menschen mit Einkommen, von
denen kaum noch zu leben ist. Die Wohlstandsbürger dagegen sind
vergleichsweise fein raus. Entweder sind sie Steuersünder (ein
mindestens zweistelliger Milliardenbetrag wird unterschlagen) oder
sie haben ihr Vermögen längst im Ausland in Sicherheit gebracht - mit
mehr oder weniger freundlicher Unterstützung des Staatsapparats.
Unfassbar, aber wahr: Bis vor einem Jahr herrschte in Griechenlands
Steuerbehörde noch Zettelwirtschaft. Kein Wunder, dass die
Geberländer auf Reformen beharren, die dem Land wieder auf die
Sprünge helfen. Bislang allerdings ohne Erfolg. Wie groß die
Enttäuschung angesichts gebrochener Versprechungen und das Misstrauen
auch gegenüber dem am Sonntag beschlossenen Sparprogramm ist, wird an
einer Forderung der Euro-Finanzminister deutlich: Die Vorsitzenden
der griechischen Regierungsparteien sollen sich schriftlich zur
Umsetzung der gerade von ihnen beschlossenen Reformen verpflichten.
Aus gutem Grund: Im April wählen die Griechen ein neues Parlament. Es
könnte alles wieder infrage stellen. Denn es ist ja das Grundübel
Griechenlands, dass die schon lange angekündigten und jetzt in der
Krise wieder zugesagten strukturellen Reformen nichts als leere
Versprechungen geblieben sind. Nicht allein die Steuerbehörden, die
gesamte griechische Verwaltung hat sich als unfähig, unwillig und
auch korrupt erwiesen. Wiederum freundlich geduldet durch die großen,
abwechselnd regierenden Parteien. Die hatten traditionell mehr den
eigenen Vorteil und die eigene Macht im Visier als das Wohl der
Allgemeinheit. Wo sind beispielsweise die weit mehr als 100
Milliarden Euro aus den EU-Fördertöpfen versickert, mit denen die
griechische Wirtschaft wettbewerbsfähig gemacht werden sollte? Und
nicht allein deutsche Unternehmen, die heute in Hellas investieren
wollen, wenden sich nach Erfahrungen mit den örtlichen Behörden
resignierend ab. Weil Griechenland nicht in die Anarchie schlittern
darf, kommen die stärkeren Euro-Länder gar nicht umhin, das Land zu
retten. Dass sie dennoch Kredite und Bürgschaften nicht bedingungslos
gewähren wollen, ist eine blanke Selbstverständlichkeit. Eine
Unverschämtheit dagegen, Angela Merkel, die Regierungschefin des
Landes, das das größte finanzielle Risiko trägt, als herrschsüchtig
zu attackieren, sie mit Hakenkreuzarmbinde zu karikieren oder ihre
Politik gar mit dem Holocaust zu vergleichen. So geschehen in
regierungsnahen Athener Zeitungen.
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