(ots) - Der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prof. Dr. Hans Michael
Heinig, hat vor einem Ende des "Dritten Weges" gewarnt, zugleich aber
durchgreifende Reformen angemahnt.
"Wenn der Dritte Weg fällt, wird auch die hohe Tarifbindung
wegfallen, die heute noch im Raum von Kirche und Diakonie
vorherrscht", sagte Heinig anlässlich der Vorstellung des Buches "100
Begriffe aus dem Staatskirchenrecht" am heutigen Dienstag in Berlin.
Es drohten Lohnsenkungen, eine weitere Zunahme von ersetzender
Leiharbeit und eine Schwächung der Diakonie als wichtiger Akteur in
der Sozialpolitik. Heinig erklärte, dass der Verzicht auf Streik und
Aussperrung dem besonderen Verständnis der kirchlichen
Dienstgemeinschaft geschuldet sei. Dem Einsatz von Kampfmitteln zur
Durchsetzung von Interessen stünde der Gemeinschaftscharakter des
kirchlichen Dienstes entgegen.
Voraussetzung für die mit dem Dritten Weg verbundene Einschränkung
der Koalitionsfreiheit sei jedoch die Gleichwertigkeit der erreichten
Lohnabschlüsse und Einflussmöglichkeiten der Dienstnehmerseite. Um
diese Gleichwertigkeit unter geänderten sozialstaatlichen
Refinanzierungsbedingungen sicherzustellen, müsse die
Dienstnehmerseite organisatorisch gestärkt werden. Heinig: "Das wird
Geld kosten!" Es sei dringend notwendig, die Zahl der
Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR), die es im Raum von Kirche und
Diakonie anstelle von Tarifverträgen gibt, deutlich zu reduzieren, da
das "unübersichtliche Geflecht unterschiedlicher Vertragsrichtlinien"
eine "Grauzone mit Kontrolldefiziten" schaffe. Auch für Leiharbeit
und Outsorcing bedürfe es verbindlicher Standards.
Außerdem müsse der Bruch kirchlichen Rechts effektiv sanktioniert
werden. Heinig begrüßte in diesem Zusammenhang, dass es in den
vergangenen Monaten zu berechtigten Ausschlüssen "schwarzer Schafe"
aus den Verbänden des Diakonischen Werkes gekommen ist. Allerdings
seien neben dem Ausschluss abgestufte Sanktionsmöglichkeiten zu
schaffen und die Kontrollrechte der verfassten Kirche gegenüber der
Diakonie zu stärken. Heinig regte an, im Raum der Diakonie eine
unabhängige Clearingstelle zu schaffen, die Dienstnehmern die
Möglichkeit gebe, Verstöße gegen das kirchliche Arbeitsrecht zu
melden und überprüfen zu lassen.
Heinig, der seit 2008 eine Professur für Staatsrecht in Göttingen
hält und im Nebenamt das Kirchenrechtliche Institut der EKD leitet,
stellte am heutigen Dienstag vor Medienvertretern sein Buch "100
Begriffe aus dem Staatskirchenrecht" vor. Das handliche Buch erklärt
in 100 kurzen Artikeln wichtige Begriffen und Bereiche aus dem
deutschen Kirchenrecht (u. a. Dienstgemeinschaft, Feiertage,
Kirchenfinanzen, Kirchenmitgliedschaft, Körperschaftsstatus,
Laizismus, Pfarrerdienstrecht, Religionsunterricht,
Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, Subsidiarität,
Trennung von Staat und Kirche, Zeugnisverweigerungsrecht). Unter den
31 Autorinnen und Autoren der Artikel finden sich viele bekannte
Staatskirchenrechtler.
Buchtipp: 100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht, hrsg. von Hans
Michael Heinig und Hendrik Munsonius, Tübingen 2012, ISBN
978-3-16-151738-9; 303 Seiten; 9,80 Euro.
Hannover, 20. März 2012
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Reinhard Mawick
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