(ots) - Neueste Recherchen von FACING FINANCE und PROFUNDO
belegen aktuelle bzw. laufende Geschäftsbeziehungen deutscher
Finanzdienstleister mit Herstellern von Streumunition in Höhe von
nahezu 1,6 Milliarden Euro. Fast 90 Prozent dieser Geschäfte betreibt
die Deutsche Bank Group, so das Ergebnis der Untersuchung.
Am 9.11.2011 hatte die Deutsche Bank öffentlich erklärt, die
Geschäftsbeziehungen zu Herstellern von Streumunition einstellen zu
wollen. Deutsche Bank-Chef Ackermann bestätigte dies am 2. Februar
2012 gegenüber der ARD-Tagesschau nochmals, als er betonte: "...die
Deutsche Bank ist aus der Finanzierung von Streumunition
ausgestiegen...".
Die Realität sieht jedoch anders aus: Nach der Ausstiegserklärung
vom 9.11.2011 der Deutschen Bank Group schloss diese Anleihe- und
Kreditgeschäfte mit Herstellern von Streumunition in Höhe von
mindestens 126 Mio. Euro ab und hielt zudem fast 7,5 Mio. Aktien von
diesen Unternehmen. "Diese Zahlen sind ein absolutes Armutszeugnis
für die Deutsche Bank und belegen, dass die eigene
Selbstverpflichtung nicht das Papier wert ist, auf dem es steht. Die
Deutsche Bank ist der einzige uns bekannte deutsche
Finanzdienstleister, der Streumunitionshersteller aktuell weiterhin
für kreditwürdig hält", beklagt Barbara Happe von urgewald e.V..
"Es grenzt schon an Zynismus, nur einen Tag (3. Februar 2012) nach
Josef Ackermanns Ausstiegserklärung auf der Bilanzpressekonferenz der
Deutschen Bank einen Kredit in Höhe von 47,5 Mio. Euro an den
US-Streumunitionshersteller L-3 Communications zu vergeben",
verurteilt auch Küchenmeister von Facing Finance das Verhalten der
Deutschen Bank und fordert einen echten und transparenten Ausstieg
und ein Ende der Täuschung der Aktionäre und der Öffentlichkeit.
Die Recherchen von Facing Finance und Profundo belegen aktuelle
Beteiligungen deutscher Finanzdienstleister in den letzten beiden
Jahren. Sie belaufen sich dabei auf knapp 450 Mio. Euro, während seit
2007 laufende Kredite und Anleihegeschäfte 1,15 Mrd. Euro ausmachen.
Neben der Deutschen Bank sind noch andere deutsche Kreditinstitute,
allerdings in sehr geringem und abnehmendem Umfang involviert.
"Mittlerweile haben wichtige deutsche Finanzdienstleister auf die
Kritik der Zivilgesellschaft reagiert und Selbstverpflichtungen
verabschiedet, die eine direkte Finanzierung von
Streumunitionsherstellern ausschließen. Viele halten sich daran oder
haben ihr Engagement zumindest deutlich reduziert", erläutert Barbara
Happe. Hierzu gehören z.B. die Commerzbank, die
UnicreditGroup/HypoVereinsbank, zahlreiche Landesbanken (WestLB AG,
LBBW Invest, BayernInvest) oder aber auch die Fondsgesellschaft der
Sparkassen, DekaInvestment, die Deutsche Bank Tochter DWS-Europe und
auch die Allianz Global Investors Europe.
"Trotz des teilweisen und freiwilligen Verzichtes einiger
Finanzdienstleister benötigen wir Rechtssicherheit in Form eines
gesetzlichen Verbotes des Investments in Streumunition", fordert
Thomas Küchenmeister und verweist auf das negative Beispiel der
Deutsche Bank Group und die teilweise lückenhaften
Selbstverpflichtungen der deutschen Finanzbranche. Facing Finance
fordert vor dem Hintergrund der Rechercheergebnisse und mit Hinweis
auf die Schweizer Rechtslage von den zuständigen deutschen
Ministerien und Behörden eine Klärung, ob nicht schon die derzeit
gültige Fassung des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KWKG) ein
Investment in Streumunition unter Strafe stellt. Paragraf 18a des
KWKG vom 6.6.2009 untersagt seit seiner Novellierung im Juni 2009
u.a. eine Förderung der Entwicklung und Herstellung von
Antipersonenminen oder Streumunition.
Ein aktuell von den Oppositionsparteien eingebrachter Antrag
(17/7339) fordert eine Änderung bzw. Präzisierung des §18a des KWKG
dahingehend, dass das darin enthaltene Förderungsverbot des
Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung, der Entwicklung und des
Handels von Antipersonenminen und Streumunition auch ausdrücklich ein
Investitionsverbot mit einschließt. SPD, Grüne/Bündnis 90 und DIE
LINKE greifen damit die Forderungen von Facing Finance und urgewald
e.V. vom Dezember 2010 auf, die auch noch einmal auf einer
Informationsveranstaltung im Deutschen Bundestag am 22.9.2011
wiederholt wurden.
Die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP hatten gegenüber
Facing Finance im Vorfeld der morgigen Abstimmung im Deutschen
Bundestag angekündigt dem Antrag und damit einem gesetzlichen Verbot
des Investments in Streumunition nicht zuzustimmen.
"Es wäre fatal wenn die Regierungsfraktionen jetzt ihre
schützenden Hände über die Deutsche Bank und deren Wortbruch halten
und die damit verbundene Täuschung der Öffentlichkeit tatenlos im
Raum stehen lassen", mahnt Thomas Küchenmeister im Vorfeld der
morgigen Abstimmung im Deutschen Bundestag und fordert die
Regierungsfraktionen auf umzudenken und einem Verbotsgesetz
zuzustimmen.
Die detaillierten Rechercheergebnisse und Hintergrundinformationen
werden auf den Websites www.facing-finance.org und www.urgewald.de
veröffentlicht.
Zusätzliche Informationen sind am 21.3. "ZEIT online" und am 22.3.
"DIE ZEIT" sowie den ZDF-Nachrichtensendungen zu entnehmen.
Die Kampagne Facing Finance sensibilisiert Investoren nicht in
Unternehmen zu investieren, die von Menschenrechtsverletzungen,
Umweltverschmutzung, Korruption und der Herstellung
völkerrechtswidriger Waffen profitieren. Facing Finance ist ein
Bündnis von: Solidaritätsdienst-international (SODI) e.V., urgewald
e.V., EarthLink e.V., FAIR FIN (ehemals Netwerk Vlaanderen),
CentrumCSR.PL und JA! Justitia Ambiental aus Mosambik und wird
unterstützt vom evangelischen Hilfswerk "Brot für die Welt".
Facing Finance ist Mitglied der Internationalen Kampagne gegen
Streumunition (Cluster Munition Coalition) und der Internationalen
Kampagne zum Verbot von Antipersonenminen (ICBL).
Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:
Thomas Küchenmeister, Koordinator FACING FINANCE +49 (0)175-4964082
Dr. Barbara Happe, Bankenreferentin bei urgewald e.V. +49
(0)172-6814474