(ots) - Personalquerelen bei den Linken
Man muss den privaten Rücktrittsgrund von Gesine Lötzsch
respektieren, obwohl die Erkrankung ihres wesentlich älteren Mannes
in Berlin seit langem bekannt war und sie nicht daran gehindert
hatte, im Oktober mit der Anmeldung ihrer Kandidatur für den
Parteivorsitz vorzupreschen. Viel spricht dafür, dass Lötzsch
unabhängig vom familiären Schicksal nicht zur Verliererin des
Göttinger Parteitags werden wollte. Doch mit dem Rückzug der
SED-Altfunktionärin werden die Personalkonflikte der Linkspartei um
keinen Deut entschärft. Die Linke steht vor der Frage, ob sie zum
Lafontaine-Familienbetrieb werden soll. Thüringens Fraktionschef Bodo
Ramelow äußert keine Einzelmeinung unter den Linken, wenn er den
Mecklenburger Dietmar Bartsch mit der Neu-Saarländerin Sahra
Wagenknecht für den Parteivorsitz und als Chefs der
Bundestagsfraktion Gregor Gysi an der Seite Oskar Lafontaines
vorschlägt. In dieser Konstellation wäre die Führungsspitze
vorzeigbarer als durch das mediokre Ost-West-Gespann Gesine Lötzsch
und Klaus Ernst. Aber mit den bald siebzigjährigen Gysi und
Lafontaine würde die Linke auch ihr wahres Gesicht als überalterte
Partei zeigen. Lafontaines herrisches Auftreten ist in den
mitgliederstarken Landesverbänden des Ostens gefürchtet. Dort hat man
auch nicht vergessen, in welchem Kleingeist er während der Wende
gegen ostdeutsche Sozialansprüche polemisierte. Sahra Wagenknecht
wiederum gilt der Links-Basis seit ihren Affären im Europaparlament
als "Hummer-und Sichel-Sozialistin". Beide haben aber eine starke
Öffentlichkeitswirkung und stehen - anders als Gysi - nicht unter
chronischem Stasi-Verdacht. Von Thomas Habicht
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