(ots) - Hat die Niederlage des FC Bayern gegen
Titelkonkurrent Dortmund tiefliegende strukturell bedingte Ursachen?
Im Exklusiv-Interview mit Yahoo! Eurosport (www.yahoo.eurosport.de)
analysiert Thomas Berthold, von 1991 bis 1993 selbst im Bayerntrikot
unterwegs, das Dilemma seines ehemaligen Vereins.
Der Ex-Profi stellt Mängel im aktuellen Kader des Rekordmeisters
fest: "Auffällig ist, dass bei den Bayern aus dem zentralen
Mittelfeld keine Torgefahr zustande kommt. Keiner in der Lage, mit
dem Ball am Fuß aus der zweiten Reihe zum Abschluss zu kommen. So
sind die Optionen der Münchner recht überschaubar." Denn, so Berthold
weiter: "Ich habe schon vor Beginn der Saison gesagt, dass der FC
Bayern für eine Mannschaft, die auf allen Hochzeiten tanzen, will im
Sturm zu dünn besetzt ist. Wenn man Woche für Woche zwei Spiele
absolvieren muss, kommt man mit Gomez, Olic und Nils Petersen im
Angriff nicht über die Runden."
Das vollständige Interview finden Sie unten im Wortlaut, bitte
nennen Sie bei Verwendung die Quelle Yahoo! Eurosport
(www.yahoo.de/eurosport).
Yahoo! Eurosport: Borussia Dortmund liegt vier Spieltage vor
Schluss sechs Punkte vor dem FC Bayern. Kann man den Schwarz-Gelben
bereits zu diesem Zeitpunkt zur Titelverteidigung gratulieren?
Thomas Berthold: Wenn in den nächsten beiden Spielen nichts
Außergewöhnliches passiert ist die Sache gelaufen. Ein Punkt auf
Schalke und ein Sieg im darauf folgenden Heimspiel gegen
Mönchengladbach müssten reichen. Kaiserslautern ist abgestiegen,
Freiburg ist durch, beide Klubs werden sich also nicht als
Stolpersteine erweisen.
Yahoo! Eurosport: Der FC Bayern hat insbesondere in der 1.
Halbzeit eine enttäuschende Leistung abgeliefert. Auch in Hälfte zwei
haben die Münchner ihr Potenzial nicht voll ausgeschöpft. Worin
liegen die Gründe für den alles in allem enttäuschenden Auftritt des
Rekordmeisters?
Berthold: Es stimmt, Dortmund ist besser ins Spiel gekommen,
während sich Bayern sehr schwer getan hat. In der 2. Halbzeit ist es
den Münchenern gelungen, das Spiel mehr und mehr unter Kontrolle zu
bringen. Das kann daran liegen, dass der BVB in den ersten 45 Minuten
eventuell zu viel investiert hat. Mir ist aber insbesondere
aufgefallen, dass es dem FC Bayern in solchen Spielen an
Durchschlagskraft im Sturm fehlt. Mario Gomez hat nicht
stattgefunden. Auch Thomas Müller hatte keinen guten Tag.
Hochbrisante Duelle wie dieses kann man nur gewinnen, wenn ein
Stürmer auch mal mit einer Einzelaktion ein Tor macht und die Partie
entweder dreht oder entscheidet.
Yahoo! Eurosport: Arjen Robben war die tragische Figur des Spiels.
Franz Beckenbauer hat den Holländer stark kritisiert. Wie beurteilen
Sie die Situation beim Elfmeter?
Berthold: Auch wenn der Elfmeter schlecht geschossen war, die
Regel, der Gefoulte solle den Strafstoß nicht treten, wurde in der
Vergangenheit oft genug widerlegt. Wenn der Ball reingeht, sagt
keiner etwas. Danach ist man immer schlauer! Robben ist insofern eine
tragische Figur, weil er den Ball in der Nachspielzeit mit seinem
starken linken Fuß übers Tor hämmert, auch wenn er in dieser
Situation überrascht wurde.
Yahoo! Eurosport: Beim 1:0 von Robert Lewandowski war es
ausgerechnet Robben, der zu spät hinten rausrückt. Kann man ihm auch
den Gegentreffer ankreiden?
Berthold: Auch wenn Robben beim Gegentor nicht richtig
herausläuft, ist die Sicherung des Rückraumes rund um den
Sechzehnmeterraum das höchste Gebot bei Standardsituationen. Da kann
es nicht sein, dass Kevin Großkreutz 17 Meter vor dem Tor frei
stehend zum Schuss kommt.
Yahoo! Eurosport: Auch Franck Ribéry ist einiges schuldig
geblieben. Der Franzose hat sich in Zweikämpfen aufgerieben und fand
zumeist in Lukasz Piszczek seinen Meister. Insgesamt zu wenig für
einen Spieler von seinem Format?
Berthold: Piszczek hat eine überragende Partie gespielt. Der Pole
ist unheimlich dynamisch, verfügt über ein gutes Zweikampfverhalten
und macht kaum dumme Fouls. Leider haben wir von der Sorte Piszczek
nur einen in der Liga. Aber nichtsdestotrotz sollte ein Ribéry in der
Lage sein, sich gegen Piszczek durchzusetzen. Andererseits können
schon mal ein paar Prozent Spritzigkeit fehlen, wenn man über einen
langen Zeitraum während englischer Wochen im Einsatz ist.
Yahoo! Eurosport: Dortmund besiegt den FC Bayern zum vierten Mal
in Folge und immer auf die gleiche Art und Weise, indem sie die Außen
aus dem Spiel nehmen und selbst mit Tempofußball brillieren. Ist der
FC Bayern zu ausrechenbar?
Berthold: Das Spiel ist dann ausrechenbar, wenn zwei exponierte
Außenspieler im Team hat, wie Ribéry und Robben, die beide versuchen,
im Eins-gegen-Eins zum Abschluss zu kommen. Dortmund und auch andere
Klubs zuvor haben hervorragend verschoben und gedoppelt. Dadurch
kommt das Spiel zum Stagnieren. Auffällig ist, dass bei den Bayern
aus dem zentralen Mittelfeld keine Torgefahr zustande kommt. Keiner
in der Lage, mit dem Ball am Fuß aus der zweiten Reihe zum Abschluss
zu kommen. So sind die Optionen der Münchner recht überschaubar.
Yahoo! Eurosport: Jupp Heynckes hat in der 60. Minute mit Thomas
Müller einen Offensivspieler vom Platz geholt und mit Bastian
Schweinsteiger eine Devensivkraft gebracht. Hat dem Bayern-Coach der
Mut gefehlt, die Offensive in der Schlussphase mit Ivica Olic zu
stärken?
Berthold: Ich habe schon vor Beginn der Saison gesagt, dass der FC
Bayern für eine Mannschaft, die auf allen Hochzeiten tanzen will, im
Sturm zu dünn besetzt ist. Wenn man Woche für Woche zwei Spiele
absolvieren muss, kommt man mit Gomez, Olic und Nils Petersen im
Angriff nicht über die Runden.
Yahoo! Eurosport: Die Pleite hat die Bayern im Mark getroffen.
Außer Heynckes und Robben hat sich nach dem Spiel niemand geäußert.
Wie wirkt sich diese Niederlage vor den wichtigen
Champions-League-Duellen mit Real Madrid auf die Psyche aus?
Berthold: Da sehe ich keine Probleme. Die Bayern stehen im
Halbfinale der Champions League mit der Option auf ein Finale im
eigenen Stadion. Das ist eine besondere Motivation. Eines muss man
aber auch ganz klar sagen: Real Madrid spielt in dieser Saison
zusammen mit dem FC Barcelona in einer anderen Liga. Mit einer
Leistung wie in Dortmund hat Bayern gegen Real überhaupt keine
Chance!
Yahoo! Eurosport: Die Meisterschaft ist passe, in der Champions
League wartet Real Madrid und in einem möglichen Finale
höchstwahrscheinlich mit dem FC Barcelona die beste Mannschaft der
Welt. Im DFB-Pokalfinale kommt es zur Revanche gegen Dortmund.
Welchen Titel trauen Sie den Bayern am ehesten zu?
Berthold: Am einfachsten ist noch der Gewinn des DFB-Pokals. Für
mich ist jetzt schon klar, dass Barcelona das
Champions-League-Endspiel erreichen, und dieses, vorausgesetzt alles
läuft normal, auch gewinnen wird. Bei zwei Spielen gegen Real, mit
dem Nachteil, das Rückspiel in Madrid absolvieren zu müssen, sind die
Chance auf einen Einzug ins Finale eher auf der Seite der
"Königlichen". Das hat aber den Vorteil, dass sich Bayern
ausnahmsweise Mal in der Rolle des Underdogs wähnen kann.
Yahoo! Eurosport: Was wird an der Säbener Straße passieren, wenn
der FC Bayern in dieser Saison am Ende leer ausgeht?
Berthold: Mir stellt sich vor allem die Frage, wie es nach dieser
Saison beim FC Bayern grundsätzlich weitergeht. Wie sieht die
Zukunftsperspektive aus, vor allem was den Trainer angeht. Es wird ja
viel spekuliert. Immer wieder fällt der Name Lucien Favre, den
Karl-Heinz Rummenigge aus vergangenen Zeiten in der Schweiz kennt.
Bislang hat sich Favre noch nicht zu Borussia Mönchengladbach
bekannt.
Yahoo! Eurosport: Klaus Augenthaler hat im Interview mit
eurosport.yahoo.de geäußert, er gehe stark davon aus, dass Heynckes
auch in der kommenden Saison auf der Trainerbank des Rekordmeisters
sitzen werde. Anderseits wirkt der 66-Jährige gerade in der
nervenaufreibenden Schlussphase der Saison ein wenig angeschlagen.
Berthold: Diesen Eindruck habe ich auch. Der Druck auf die Trainer
ist enorm groß. Irgendwann muss man ja als Klub auch mal
mittelfristig für die nächsten Jahre planen. Die Frage nach einem
entsprechenden Trainer, der eventuell auch noch deutsch spricht, ist
nicht einfach zu beantworten. Da wird die Luft ganz dünn. Neben Favre
fällt mir spontan noch Arsene Wenger ein, aber der wird nicht nach
Deutschland gehen. Sollte man doch international auf die Suche gehen,
würde die Sprache meiner Meinung nach kein Problem darstellen.
Schließlich kann man Deutsch lernen.
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