Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Ist das Verhältnis zwischen Nachbarn erst einmal vergiftet, bleibt die Lebensqualität vielfach auf der Strecke. Nachbarschaftliche Auseinandersetzungen werden daher oft als sehr belastend empfunden. Im deutschen Recht bestehen zahlreiche Regelungen, auf deren Basis Gerichte solchen Streitigkeiten ein Ende setzen. Nachbarrecht ist Landesrecht. Die folgenden Beispielfälle und beschriebenen Regelungen gelten daher nur für Schleswig-Holstein.
(firmenpresse) - Bäume, die dem Nachbarn Licht wegnehmen
Herr Schmidt hat sich ein Haus mit Garten gekauft. Kurz nach dem Einzug lässt er mehrere über zwei Meter hohe Büsche und Bäume anpflanzen. Als sich daraufhin der Nachbar beschwert, entgegnet Herr Schmidt, dass er doch den Mindestabstand eingehal¬ten habe, und er daher die Bäume nicht wieder entfernen würde.
Da Nachbarrecht Länderrecht ist, sind diese Fragen in den ein¬zelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. So muss man in Bayern mindestens 50 Zentimeter Ab¬stand halten mit bis zu zwei Meter hohen Sträuchern, mit höheren Büschen und Bäu¬men mindestens zwei Meter.
In Baden-Württemberg hingegen beträgt der Mindestab-stand bis zu acht Metern. Der Nachbar kann deshalb dar-auf bestehen, dass die zu nah gepflanzten Bäume entfernt werden. Ein Recht auf Licht und Sonne hat er allerdings nicht. Gewächse, die im Laufe der Jahre vom Setzling zum Riesen werden, dürfen ste¬hen bleiben. Denn laut diverser Gerichtsentscheidungen ist die Belästigung durch den Schatten weniger „wert“ als der Baum, der ihn verursacht.
Zum Vergleich das Schleswig-Holsteinische Nachbarge-setz: Der Grenzabstand hat mindestens ein Drittel der jeweiligen Höhe der Bepflanzung zu betragen, soweit die Pflanze eine Hö¬he von 1,20 Meter überschreitet. Dringen ein Baum oder ein¬zelne Zweige in den zu berücksich-tigenden Freiraum ein, so muss der Grundstückseigentü-mer nicht nur die Zweige ab¬schneiden, sondern unter Umständen auch die Spitze des Bau¬mes kappen. Hier ist eine Frist zu beachten: Die Klage muss notfalls bis spätestens zum Ende des auf die Abstandsunterschrei-tung folgenden Kalenderjahres erhoben werden.
Früchte, die auf das Nachbargrundstück fallen
Herr Meier beobachtet, wie sein Nachbar mehrere Äpfel von einem überhängenden Ast des Apfelbau¬mes pflückt, der ihm gehört. Er verlangt die Heraus¬gabe der gepflück-ten Äpfel. Der Nachbar weigert sich aber unter dem Hin-weis, dass die Äpfel irgend¬wann sowieso auf sein Grund-stück gefallen wären und ihm somit gehören würden.
Überhängende Früchte gehören dem Baumbesitzer. Wenn die Früchte vom Baum auf das benachbarte Grundstück fallen, ge¬hören sie dem Nachbarn. Der Nachbar darf Obst aber nicht selbst pflücken oder her-unterschütteln (§ 911 BGB).
Der stinkende Komposthaufen
Herr Schmidt hat bereits mehrmals seinen Nachbarn ge-beten, dass er etwas gegen die Geruchsbelästi¬gung seines Komposthaufens unternehme, der direkt an der Grund¬stücksgrenze steht. Nachdem der Nachbar nach einigen Wochen immer noch nichts unternommen hat, droht Herr Schmidt, die Gemein¬deverwaltung einzuschalten.
Ob ein Nachbar verlangen kann, dass ein Komposthaufen ent¬fernt wird, richtet sich immer nach den örtlichen Ge-gebenhei¬ten, vor allem aber nach der Lage des Kom-posthaufens und natürlich nach der Intensität der Ge-ruchsbelästigung (§ 906 BGB). In einer Entscheidung des Landgerichts München wird klarge¬stellt, dass ein Anspruch auf das Entfernen des Haufens nur bei einer wesentlichen Beeinträchtigung be¬steht.
In den seltensten Fällen wird die Gemeindeverwaltung bei einer solchen Beschwerde tätig werden, da es sich um einen zivilrechtlichen Rechtsstreit handelt, in dem sich die Nachbarn gleichberechtigt gegenüber stehen. Gleichwohl kann im Einzelfall, wenn es nicht nur um einen riechenden Misthaufen geht, auch ein Anspruch gegen die für den Immissionsschutz zuständige Behörde bestehen, etwa wenn der Nachbar eine nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige Anlage betreibt.
Rasenmähen zu jeder Tageszeit? Ruhestörung?
Familie Schäfer sitzt am Sonntagnachmittag auf der Ter-rasse zum Kaffeetrinken, als der Nachbar damit anfängt, seinen Rasen mit einem Elektromäher zu schneiden. Auf die Bitte von Herrn Schäfer, damit aufzuhören, entgegnet der Nachbar, dass er werktags schlecht zum Rasenmähen käme und außerdem habe sein Rasenmäher einen Schall-pegel unter 88 Dezibel. Als er anschließend einfach wei-termäht, droht ihm Herr Schäfer eine Anzeige wegen Lärmbe¬lästigung an.
Wann gemäht werden darf, regelt die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung. Demnach ist das Rasenmähen und betreiben ähnlicher Maschinen werktags – auch samstags – von 7 bis 20 Uhr erlaubt. Bestimmte Geräte wie beispielsweise Laubbläser und Graskantenschneider dürfen sogar nur von 10 bis 13 Uhr und von 15 bis 17 Uhr betrieben werden. Wer wie der Nachbar von Familie Schäfer an Sonn- und Feier¬tagen mäht, zahlt bis zu 50.000 Euro Geldbuße.
Viel Rauch beim Grillen
Herr Wohlers veranstaltet eine Grillparty auf seinem Bal-kon, nachdem er vorab seine Nachbarn informiert bzw. eingeladen hat. Eine seiner Nachbarinnen be¬schwert sich am nächsten Morgen über den Rauch und die laute Musik und droht mit einer Anzeige. Darauf entgegnet Herr Wohlers, dass sie doch ihr Einverständnis für seine Grill-party gegeben habe und er bereits um 22 Uhr die Mu¬sik deutlich leiser gemacht hatte.
Generell gilt, dass im Privatgarten und auf dem Balkon das Grillen erlaubt ist, solange man damit die Nachbarn nicht stört. Im Einzelfall ist die Rechtsprechung jedoch sehr uneinheitlich. Es gibt bereits Urteile, nach denen es zulässig ist, drei- bis viermal jährlich auf dem Balkon zu grillen, und ande¬rerseits solche, wo trotz Mehrheitsbeschluss überhaupt nicht gegrillt werden durfte, weil nur ein Wohnungsei¬gentümer in der Ge-meinschaft etwas dagegen hatte.
Unzumutbare Lärmbelästigungen können vom Nachbarn grund¬sätzlich beanstandet werden, wobei der Lärmpegel ab 22 Uhr im Allgemeinen erheblich zu reduzieren ist. Dabei ist stets der Einzelfall zu betrachten, d.h. die Abstände zwischen den Nachbarn, das Wetter, die allgemeine Zusammensetzung des Wohngebietes usw.
Wie weit muss der Carport des Nachbarn von der Grundstücksgrenze entfernt sein?
Als Herr Schramm aus seinem Urlaub zurückkommt, stellt er erstaunt fest, dass sein Nachbar einen Carport fast di-rekt an sein Grundstück angrenzend ge¬baut hat. Umge-hend beschwert er sich und verlangt einen größeren Ab-stand zwischen der Grundstücks¬grenze und dem Carport.
Hier gilt Landesrecht. Nach der Landesbauordnung von Schleswig-Holstein ist zum Beispiel der Bau einer Garage oder eines Car-Ports in den Abstandsflächen (drei Meter an der je¬weiligen Grundstücksgrenze) direkt an der Grenze zulässig, wenn mit dem Bau eine Grundfläche von 36 Quadratmetern nicht über¬schritten wird. Die Gesamtlänge des Bauwerkes darf maximal neun Meter betragen, die mittlere Wandhöhe 2,75 Meter über Geländeoberfläche.
Anders als bisher ist hierfür inzwischen keine vorherige Zu¬stimmung des Nachbarn erforderlich. Der Nachbar muss selbst gegen eine entsprechend erteilte Baugeneh-migung vorgehen, wenn er der Meinung ist, dass seine Rechte beeinträchtigt sind.
Darf ein Wohnwagen im Bereich der Grundstücks-grenze dauerhaft abgestellt werden?
Ein Hausbesitzer hat ein Wochenende lang die Au¬gen zugedrückt, als sein Nachbar seinen neuen Wohnwagen direkt an der Grundstücksgrenze vor seinem Küchenfen-ster abgestellt hatte. Als der Nachbar ihm eröffnet, dass es nicht wie geplant möglich sei, den Wohnwagen bei einem Bekannten abzustellen und der Wohnwagen deshalb noch einige Wochen vor dem Fenster stehen bleiben müsse, verlangt der Hausbesitzer die umgehende Entfernung des Wohnwagens.
Wird ein Wohnwagen über längere Zeit - und sei es nur an Wo¬chenenden - an ein- und demselben Platz abge-stellt, fällt er un¬ter den Begriff der "baulichen Anlage". Dagegen kann bauord¬nungsrechtlich nicht vorgegangen werden, sofern feststeht, dass der Wohnwagen an dieser Stelle nicht ein Wochenendhaus er¬setzt.
Aber auch hier gelten die besonderen landesrechtlichen Vor¬schriften. Nach § 22 des Nachbargesetzes Schleswig-Holstein muss ein Nachbar bei der Errichtung eines Bauwerkes von Fenstern oder einem zum Betreten bestimmten Bauteil auf dem Nachbar¬grundstück einen Mindestabstand von drei Metern einhalten, wenn ansonsten durch dieses Bauwerk der Lichteinfall mehr als nur geringfügig beein¬trächtigt werden würde.
Das Anlegen eines Gartenteichs
Herr Krause plant, einen Gartenteich anzulegen. Von einem Bekannten hat er gehört, dass man sich viel Ärger einhandeln kann, wenn man diverse rechtliche Vorschrif-ten nicht beachtet. Als Eigentümer könne Herr Krause zu aufwendigen Sicherungsmaßnahmen gezwungen werden.
Bis zu einer bestimmten Größe sind Gartenteiche und sonstige Wasserbecken genehmigungsfrei. Dies geht aus den jeweils geltenden Landesbauordnungen hervor. Grundsätzlich hat jedoch ein Grundstückseigentümer für sämt¬liche Anlagen auf seinem Grundstück die Ver-kehrssicherungs¬pflicht. Eine gesetzlich vorgeschriebene Einzäunungspflicht gibt es bisher nicht.
Allerdings wurde ein Grundstückseigentümer von einem Ham¬burger Gericht strafrechtlich verurteilt, weil in sei-nem Garten¬teich Personen zu Schaden gekommen wa¬ren und er es unter¬lassen hatte, den Teich oder zumin¬dest sein Grundstück ord¬nungsgemäß gegen das Be¬treten Dritter abzusichern. Hier sollte man sich bei der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde er¬kundigen. Auch zivilrechtlich haftet der Eigentümer des Teiches. Er ist verkehrssicherungspflichtig. Eine besondere Gefahr besteht stets, wenn absehbar ist, dass Kinder zu Schaden kommen. Dabei kommt es keinesfalls immer darauf an, ob die Kinder das Grundstück betreten durften oder nicht.
Wie hoch darf eine Gartenmauer gebaut werden?
Herr Hansen ist sehr erstaunt, als er von der Ge¬meinde-verwaltung eine Aufforderung bekommt, seine Garten-mauer abzureißen, weil sie um zwei Zenti¬meter zu hoch sei. In ihrer derzeitigen Größe würde sie seinen Nachbarn stören.
Grundsätzlich hat ein Nachbar das Recht, auf seinem ei-genen Grundstück eine Grenzbefestigung zu errichten. Dies kann auch eine Mauer oder ein Flechtzaun sein. Hier sind die Vorschriften der Landesbauordnung zu be¬achten, nach denen eine solche Einrichtung eine be¬stimmte Länge oder Höhe nicht überschrei¬ten darf. In Schleswig-Holstein ist in der Regel eine Höhe von 1,5 Meter zulässig, im Einzelfall sogar höher. Dabei werden Grundstücksgrenzen zwischen Nachbarn einerseits und zwischen Grundbesitzern und dem öffentlichen Verkehrsraum andererseits unterschieden.
Die Baubehörden schreiten allerdings nur dann ein, wenn öf¬fentlich-rechtliche Bauvorschriften verletzt sind, nicht aber, wenn der Nachbar das Bauwerk lediglich als "störend" empfin¬det. Wird die zulässige Höhe um nur zwei Zentimeter über¬schritten, genügt dies nicht, einen Abriss der Mauer zu verlangen. Im Rahmen der Ermessensausübung würde man dann feststellen, dass der Abriss eine unverhältnis¬mäßige Maßnahme wäre.
Efeu, das am Nachbarhaus rankt
Frau Lohmann staunt nicht schlecht, als sie von der Ge-meindeverwaltung aufgefordert wird, den Efeu¬wuchs an ihrem Haus einzudämmen. Ihr Nachbar habe das Recht, dies zu verlangen.
Weder der Nachbar noch die Gemeinde haben das Recht, von einem Eigentümer eines Hauses zu verlan¬gen, dass dieser den Efeubewuchs entfernt. Ausnahmen können gelten, wenn es sich um Gebiete mit histo¬rischer Bebauung oder Denkmalschutz handelt.
Ärger mit Tieren der Nachbarn
Ein Mieter hält einen Hund und zwei Katzen. Seine Nach-barn beschweren sich, weil die Tiere zu laut seien und zu viel Dreck verursachten. Außerdem würden die Katzen Vogelgelege bedrohen.
Die Haltung von 24 Schlangen in einem Terrarium, bei denen es sich weder um Gift- noch um Würgeschlangen handelt, be¬darf keiner Genehmigung, wenn von den Tie-ren keine Lärm- und Geruchsbelästigung ausgeht. (AG Köln, Urteil vom 27.11.1989). Andererseits kann es einem Nachbarn untersagt werden, einen großen, aggressiven und lauten Hund in einer kleinen Mietwohnung zu halten, wenn dieser die anderen Mieter erheblich stört.
Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen. Anwälte nennt auf Anfrage in der Zeit von 9 bis 12 Uhr die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwalts¬kammer unter der Telefonnummer 04621/9391-11 oder unter der Adresse www.rak-sh.de.
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