(ots) - "Schulden werden weginflationiert" / Bedauern über
gestiegenes Misstrauen zwischen Politikern und Wirtschaftsbossen /
Heutiger Manager-Generation fehlt es an Gelassenheit und klarem
Profil
Hamburg, 17. April 2012 - Ludwig Poullain, einst
Vorstandsvorsitzender der WestLB und Präsident des Deutschen
Sparkassen- und Giroverbandes, traut der Politik kein weitsichtiges
Management der Finanzkrise zu. "Ich glaube nicht, dass uns die
Regierenden durch kluges Handeln und radikale Sparprogramme aus der
Krise führen", sagte Poullain im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin
'Capital' (Ausgabe 05/2012, EVT 19. April). "Ihr Ausweg heißt
Inflation. Die Schulden werden weginflationiert - und die Menschen
gewöhnen sich daran." Aus Sicht des 92-Jährigen wird es den
politischen Akteuren auch nicht gelingen, die Finanzbranche zu
regulieren. "Das ist hilflos", stellte der ehemalige Bankier im
Interview mit 'Capital' anlässlich des 50. Jubiläums des Magazins
fest. Europas Regierungen würden nie zu einer einheitlichen Meinung
kommen, etwa was die Beschneidung von Größe und Geschäft der Banken
angehe. "Banker sind die Feudalherren unserer Zeit - sie bedienen
sich auf Kosten des Volkes."
Poullain bedauert, dass sich Politiker und Wirtschaftsbosse heute
mit viel größerem Misstrauen als früher begegnen. Während er sich
noch gut an einen respektvollen Austausch mit Willy Brandt erinnern
kann, hält er Bundeskanzlerin Angela Merkel für keine gute Zuhörerin.
Bei einem Auftritt Merkels in einer Diskussionsrunde sei er "aus dem
Sessel aufgesprungen und brauchte erst mal einen Whisky", erzählte
Poullain. Ihre Art habe ihn verärgert. "Die Frau ist mir zu geschickt
- sie gibt auf keine Frage eine konkrete Antwort."
Im 'Capital'-Interview ging Poullain aber nicht nur mit den
Politikern von heute hart ins Gericht, sondern nahm auch die
Wirtschaftsmanager ins Visier. In den 60er- und 70er-Jahren seien die
Manager nicht so verbissen miteinander umgegangen. "Der heutigen
Generation fehlt die Gelassenheit", kritisierte der Ex-Chef der
WestLB. Die aktuellen Top-Entscheider seien weitestgehend profillos.
Früher habe man bei Preussag sofort an Günther Saßmannshausen
gedacht, bei Daimler an Joachim Zahn und bei der Dresdner Bank an
Jürgen Ponto. "Es gab eine große Identifikation. Was diese Männer
taten, haben sie zu ihrer persönlichen Sache gemacht, sowohl den
Erfolg wie auch das Scheitern", begründete Poullain. "Solche Manager
kenne ich nicht mehr."
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