(ots) - Funktionierende Terminmärkte für die
Land- und Ernährungswirtschaft immer wichtiger: Regulierung erfordert
Augenmaß -
Das Engagement von Finanzinvestoren an den Terminmärkten für
Agrarrohstoffe ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Ob sie
die Preisbildung von Lebensmitteln beeinflussen, ist jedoch
umstritten, zumal die Agrarrohstoffmärkte - unabhängig von den
Finanzmarktakteuren - systemimmanent zur Instabilität neigen. Seit
der Liberalisierung der europäischen Agrarpolitik entwickeln sich die
Preise auch auf den innereuropäischen Agrarmärkten tendenziell
volatiler. Wachsende Betriebe, die sich zunehmend spezialisieren und
sich gleichzeitig stärker schwankenden Agrarpreisen gegenübersehen,
müssen ihr betriebliches Risikomanagement ausbauen. Vor diesem
Hintergrund werden funktionierende Terminmärkte für die deutsche
Land- und Ernährungswirtschaft immer wichtiger, um die zunehmenden
Preisrisiken globalisierter Agrarmärkte reduzieren zu können. Dies
sind zentrale Ergebnisse einer Studie im soeben veröffentlichten
Geschäftsbericht 2011 der Landwirtschaftlichen Rentenbank, die sich
mit dem Einfluss von Finanzinvestoren auf die Preise von
Agrarrohstoffen und Lebensmitteln und der Notwendigkeit regulativer
Maßnahmen beschäftigt.
"Funktionierende Terminmärkte leisten einen wichtigen Beitrag zur
Planungssicherheit von Produzenten und Abnehmern von Agrarrohstoffen.
Planungssicherheit wiederum ist essentiell für
Investitionsentscheidungen und damit für die im weltweiten Maßstab so
dringend benötigte Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion",
erläuterte Horst Reinhardt, Mitglied des Vorstands der Rentenbank
anlässlich der Bilanzpressekonferenz der Förderbank für die
Agrarwirtschaft. Da zumindest kurzfristig Ãœbertreibungen an den
Warenterminmärkten u.a. durch das gestiegene Engagement von
Finanzmarktakteuren nicht ganz ausgeschlossen werden könnten, dürfte
eine maßvolle Regulierung durchaus einen positiven Effekt auf die
Volatilität der Terminmärkte haben und Preisschwankungen glätten.
Eine wichtige Voraussetzung funktionierender Terminmärkte sei eine
ausreichende Liquidität, so die Rentenbank in ihrem Geschäftsbericht
2011. Die Regulierung müsse deshalb mit Augenmaß erfolgen und dürfe
nicht zum Austrocknen bestehender Warenterminmärkte führen. Sowohl
die Initiative der G-20 zur Einrichtung eines weltweiten
Marktinformationsdienstes als auch die Regulierungsvorschläge der
EU-Kommission für den Derivatehandel zielten auf eine verbesserte
Transparenz von Angebot und Nachfrage an den physischen Märkten bzw.
an den Terminmärkten. "Die zusätzlichen Informationen unterstützen
tendenziell die Funktionsfähigkeit der Terminmärkte und dürften sich
deshalb nicht negativ auf die Liquidität auswirken" so die
Einschätzung von Horst Reinhardt.
Wie die Rentenbank in ihrem Geschäftsbericht weiter ausführt,
sorgten gerade die sogenannten "Spekulanten" für die notwendige
Liquidität und machten damit Preisabsicherungsgeschäfte der Akteure
mit physischem Warengeschäft erst möglich. Die langfristig insgesamt
positiven Aussichten der Agrarmärkte lockten immer mehr
Kapitalanleger in die Rohstoffmärkte. Die Anzahl der an
Warenterminbörsen gehandelten Agrarterminkontrakte habe sich seit
2002 versechsfacht und zuletzt rund 44% der insgesamt an Börsen
gehandelten Rohstoffterminkontrakte entsprochen. Agrarrohstoffe
bilden damit nach der Kontraktzahl die größte Anlageklasse unter den
Rohstoffen. Solange die Erfüllung des Termingeschäftes nicht an die
physische Lieferung des Basiswertes gebunden sei, könne das
Handelsvolumen praktisch unbegrenzt ausgedehnt werden. Weit
überdurchschnittlich gewachsen seien in den letzten Jahren
insbesondere die außerhalb von Börsen gehandelten und deshalb
intransparenten OTC Geschäfte. Die Frage nach der gesunden Relation
zwischen Finanz- und Realwirtschaft mache vor diesem Hintergrund
durchaus Sinn - vor allem in Bezug auf die stark wachsende Zahl der
Finanzmarktakteure und deren dadurch möglicherweise zunehmenden
Einfluss auf die Preisbildung von Termin- und Kassamärkten.
Verschiedene, insbesondere von internationalen Organisationen
durchgeführte, wissenschaftliche Studien kommen jedoch bislang zu
keinem eindeutigen Ergebnis. Unbestritten ist aber, dass spekulative
Blasen sowohl an den Agrarmärkten als auch an den Finanzmärkten durch
eine bessere Datenbasis bzw. ein globales Informationssystem über
Erzeugung, Lagerbestände und Verbrauch der wichtigsten Agrarrohstoffe
eingeschränkt werden können. Ein solches
Agrarmarkt-Informationssystem hat die G-20 Mitte letzten Jahres
beschlossen. Auch die EU-Finanzmarkt-Richtlinie verbessert die
Transparenz der Handelsaktivitäten und schafft gleichzeitig die Basis
für umfangreichere Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse der
Aufsichtsbehörden.
Weitere Informationen zum Zusammenwirken von Finanzmärkten,
Terminhandel und Agrarrohstoffpreisen enthält der Geschäftsbericht
2011 der Rentenbank. Interessenten können den Bericht unter
www.rentenbank.de herunterladen oder kostenlos bestellen.
Pressekontakt:
Dr. Karin Gress
Tel.: 069/2107-393
Fax: 069/2107-6447
E-Mail: gress(at)rentenbank.de