(ots) - Der European Newspaper Congress 2012 startete am 7.
Mai in Wien mit dem traditionellen "Publishers Forum", das sich der
Paywall widmete. Florian Bauer von der Vocatus Marktforschung
(München) warnte in seinem Grundsatzreferat die Verlage davor, in
einer Einbahnstraße Richtung Kunden zu lavieren. Wesentlich sei, was
sich bei den Kunden abspiele. Sie entscheiden nicht rational über den
Preis, wissen nicht, was ihr Zeitungsabo kostet und können
Produktunterschiede kaum deuten. Die Erfahrungen des "Economist" sind
ein gutes Beispiel: Es gibt ein Preisangebot für Print und ein gleich
hohes Angebot für das Kombiprodukt "Print plus E-Publishing". Niemand
wähle das Printprodukt alloein zum Preis eines Kombiprodukts, jeder
greife auf das Kombiprodukt, weil er glaube, er bekomme E-Publishing
geschenkt. Dennoch mache es Sinn, das Printprodukt einzeln anbieten,
um den Kunden eine Wahl zu geben.
Bei E-Publishing gibt es noch keine fest gefügten Gewohnheiten wie
bei Print. Die Verleger können Gewohnheiten entstehen lassen und
unterstützen oder auch verhindern. Preisstrukturen entstehen,
Angebote werden gebündelt. Die Kunden suchen nach einer günstigen
Lösung, aber nicht entlang der Reihe der technischen Möglichkeiten.
Durch sie werden sie nur verwirrt. Wenn die Verlage nur an
Reichweiten denken und "mit der Brechstange" vorgehen, indem sie Apps
billiger oder gratis anbieten und diese Preispolitik auf die Inserate
durchschlagen lassen, zerstören sie den entstehenden Markt.
Bei der Einführung der Paywall gehe es darum, die Zahlbereitschaft
der Kunden zu entwickeln. Der Verlag müsse den Kunden den Mehrwert
der Paywall klarmachen, erläutern, was sie kann und macht und
Qualitätsunterschiede begründen. Wichtig ist auch das einfache
Handling von Apps. Oft genug kümmern sich die Verlage gar nicht
darum, wie viele ihrer Kunden schon bei der Einwahl aus technischen
Gründen scheitern. Ihr "Klick" bedeutet keine Wertschätzung. Diese
entsteht erst, wenn den Nutzern gezeigt wird, dass sie tatsächlich
Nutzen haben
Virginie Fortun von "Le Temps" (Genf) berichtete über die
Paywall-Erfahrungen der Zeitung, die es im Netz auf rund 294.000
unique clients bringt. Tomas Bella, Piano Media (Bratislava) begab
sich auf die Suche nach einem Mittelweg. Auch er stellte die Kunden
in den Mittelpunkt: Wenn man sie frage, ob sie dieses oder jenes
Angebot wollten, sagen sie ja - und nutzen es nicht.
In der von Mercedes Bunz (London) moderierten Diskussion zeigte
sich Peter Wälty, Chefredakteur tagesanzeiger.ch/newsnet (Zürich) mit
dem Ergebnis noch nicht zufrieden. Der Markt als solcher existiert in
der Schweiz nicht. Zufriedener ist Johannes Vogel, Leiter Süddeutsche
Zeitung Digitale Medien (München). Das Web ist frei, für App gibt es
ein Paymodell. "Wir arbeiten an einer Verschränkung. Wir stehen am
Anfang der Entwicklung." George Nimeh, Leitung Kurier.at (Wien), wies
darauf hin, dass seit Jahren nach Zahlsystemen für alle möglichen
Angebote gesucht werde - vom Preisrätsel bis zur Paywall. Im
Endergebnis werde aber nach wie vor danach gesucht. Es gebe bloß eine
Menge Erfahrung, aber noch nicht das optimale Modell.
Veranstalter des Kongresses sind der Medienfachverlag Oberauer und
der deutsche Zeitungsdesigner Norbert Küpper. Mitveranstalter ist die
Stadt Wien. Unterstützt wird der Kongress von der der Tageszeitung
"Die Presse", von Japan Tabacco International (JTI) und der Vienna
Insurance Group.
Pressekontakt:
Johann Oberauer, Tel. 0043 664 2216643