(ots) - Joachim Gauck kann man nach zwei Monaten im Amt
getrost ein gehöriges Maß an Selbstvertrauen, wenn nicht gar Mut
unterstellen. Der Bundespräsident hat bei seiner Israelreise genau
das Dilemma angesprochen, in dem sich die deutsche Israelpolitik
schon länger befindet. Das war notwendig. Seit Angela Merkel vor vier
Jahren die Sicherheit des Landes zur deutschen Staatsräson erklärt
hat, wartet die Öffentlichkeit darauf, was dies politisch konkret
bedeuten wird - gerade jetzt, wo Israel und der Iran womöglich in
einen militärischen Konflikt hineingeraten. Gut, dass Gauck die
Kanzlerin daran mahnend erinnert. Da schwimmt sich jemand frei, mit
überzeugenden, bewegenden Auftritten im Ausland und klaren Worten. Es
ist ja nicht das erste Mal, dass Gauck sich von Merkel mit sorgsam
gewählten Sätzen distanziert - das war bei der Entlassung Norbert
Röttgens so, das lässt sich auch aus seinem aktuellen Interview in
einer Wochenzeitung ablesen. Gut, dass es nach dem blassen Wulff
dieses Korrektiv gibt. Gleichwohl sollten die vielen Israelkritiker
in Deutschland dies jetzt nicht als Ermutigung verstehen. Das
Bekenntnis des Präsidenten zum Existenzrecht Israels ist eindeutig,
und es hat nichts mit politischer Taktiererei zu tun. Warum auch?
Gauck ist ehrlich, er ist überzeugend, das hebt ihn von einigen
seiner Vorgänger ab. Und seine Worte sind angesichts der historischen
Verantwortung Deutschlands nach dem Holocaust auch ein Muss. Die
Beziehungen beider Länder sind von einzigartiger Bedeutung. Genau
deswegen ist es wichtig, genauestens darauf zu achten, dass sich
diese Beziehungen weiter entwickeln und nicht Stillstand herrscht.
Israel braucht Deutschland als wohlwollenden Partner. Das schließt
Kritik ein, wo sie notwendig ist. Zum Beispiel an der
Siedlungspolitik. Gauck hat daraus keinen Hehl gemacht. Selbstbewusst
wie er ist. Vergessen werden sollte freilich nicht, dass abseits der
Politik die deutsch-israelischen Beziehungen vielfältiger und
intensiver sind, als man glaubt. Auch hier hat es eine Art Wandel
gegeben, weil Jüngere folgen, die einen anderen Horizont, andere
Erfahrungen und Erwartungen haben. Künstler, Wissenschaftler,
Studenten, der Austausch ist rege. Joachim Gauck hat bei seinem
Besuch beachtliche Signale gesetzt. Aber letztlich werden es die
Jungen sein, die dafür Sorge tragen müssen, dass das Verhältnis
beider Länder nicht an Energie verliert.
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