(ots) - Es schien am Ende nur noch eine Frage der Zeit
zu sein, bis Spanien unter den Rettungsschirm schlüpfen wird. Fast
möchte man froh sein, dass dieser Schritt noch vor dem 17. Juni
erfolgt. Denn dann wählt Griechenland sein Parlament. Falls die
Mehrheit der Griechen sich wirklich für den Euro, aber gegen die
EU-Auflagen entscheidet, reicht das als schwer verdaulicher Brocken,
mit dem sich die Staats- und Regierungschefs beim nächsten Gipfel am
28. und 29. Juni befassen müssen. Wie man es auch dreht und wendet:
Soll das Projekt Europäische Union nicht endgültig zum Scheitern
verurteilt sein, führt an einer politischen Union, angefangen bei der
Eurozone, kein Weg mehr vorbei. Eigentlich war bereits mit der Idee
des Euro klar, dass es nicht nur bei der gemeinsame Währung bleiben
kann. Doch fehlte in den Anfangsjahren des Euro der Druck. Erst die
Krise hat deutlich vor Augen geführt, wie sehr die Euroländer
voneinander abhängen - und dass dementsprechend auch Probleme
gemeinsam gelöst werden müssen. Der Euro bedeutet eben nicht nur
bequemes Zahlen im Urlaub. Er bedeutet in letzter Instanz auch,
Kompetenzen nach Brüssel abzugeben - egal, wie schmerzhaft das für
die nationalen Egoismen auch sein mag. Doch die Finanzmärkte, also
Investoren der europäischen Wirtschaft, brauchen Gewissheit, dass der
Euro-Club immer noch zusammenhält. Sie brauchen die Sicherheit, dass
die Eurozone bereit ist, für den Erhalt der gemeinsamen Währung
bisher unantastbare, hart verteidigte Souveränität aufzugeben, in der
Überzeugung, dass die Währungsunion nur dann funktionieren kann. Die
Ideensammlung für eine Vertiefung der politischen Integration in den
nächsten fünf bis zehn Jahren läuft bereits. Das Quartett der
passionierten europäischen Föderalisten Ratspräsident Van Rompuy,
EZB-Chef Draghi, Eurogruppenchef Juncker und Kommissionpräsident
Barroso arbeitet an Vorschlägen, die den internationalen
Handelspartnern wie den USA und den Finanzmärkten klar signalisieren
sollen: "Wir lassen den Euro nicht scheitern und halten
zusammen."Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht eine stärkere
politische Union als unausweichlich an. Selbst wenn konkrete
ausgearbeitete Konzepte wohl erst Ende des Jahres zu erwarten sind:
Der Weg ist vorgezeichnet - und er ist voller Stolpersteine. Zunächst
braucht es eine gemeinsame, ernsthafte Fiskalpolitik. Reine
Absichtserklärungen der Euroländer reichen nicht mehr aus. Nötig ist
mehr Macht für die Kommission und eine Art europäisches
Finanzministerium. Die Mitgliedsstaaten müssen sich verlässlich den
Vorgaben der EU für Haushalt, Finanzen, Soziales, Renten und
Arbeitsmarkt fügen und notfalls bestraft werden können. Vorhaben wie
Eurobonds sind überhaupt erst auf einer solchen verbindlichen
Grundlage denkbar. Daneben ist die Bankenunion unabdingbar.
Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat dafür den Grundstein gelegt.
Langfristiges Ziel ist ein europäischer Notfalltopf, in den die
Banken einzahlen und der greift, wenn sie Pleite gehen. Das würde
aber heißen, dass etwa deutsche Bankkunden für die Erstattung von
Ersparnissen von spanischen Bankkunden aufkommen. Doch dazu bedarf es
Vertrauen auf das System - und breite Akzeptanz bei den Bürgern. Die
kann es aber erst dann geben, wenn sie mehr Mitspracherecht bekämen.
Die Regierung der Eurozone bräuchte ein einheitliches Wahlsystem -
und das Europaparlament mehr Entscheidungskompetenz. Das Problem ist,
dass es Jahrzehnte dauern wird, all das umzusetzen. Umso wichtiger
ist es, Vertrauen zu bilden - bei den Bürgern wie bei den
Finanzmärkten. "Scheitert der Euro, scheitert Europa" - diese Aussage
gilt nach diesem Wochenende umso mehr. Autorin: Patricia Dudeck
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