(ots) - Polens Torwart Przemyslaw Tyton betete vor dem
Elfmeter im EM-Eröffnungsspiel gegen Griechenland - und hielt. Auch
ein Blick in die Bibel kann bekanntlich nie schaden. "Es gibt eine
Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und
eine Zeit für den Tanz", heißt es dort. Bei den Co-Gastgebern der
Europameisterschaft ist nach dem 1:1 vorerst die Zeit der Klage
angebrochen. Dabei ist es nach der vielen Kritik der vergangenen
Wochen höchste Zeit für ein Kompliment. Was Polen und auch die
Ukraine zum Turnierauftakt zu bieten haben, kann sich trotz allem
sehen lassen: wunderbare Stadien, spannende Spielorte und vor allem
Menschen, die sich und der Welt etwas beweisen wollen. "Wir sind
hier, es gibt uns", lautet die Botschaft, die der Osten in den Westen
schickt. Tausende junge Leute zwischen Danzig und Donezk stehen in
diesen ersten EM-Tagen als Helfer bereit. Mit Begeisterung und Stolz
kümmern sie sich als Freiwillige um all die skeptischen und mitunter
verzagten Ost-Abenteurer aus Deutschland, Frankreich oder Schweden.
Es war am Eröffnungstag eine nahezu biblische Offenbarung mit
anzusehen, wie sich bescheidene und offenherzige Polen abmühten,
alles richtig zu machen und ihr Land als das zu präsentieren, was es
ist: die aufblühende Hoffnung eines Krisenkontinents. Es ist ja wahr:
Man hatte sich in Warschau mehr vorgenommen, und zwar nicht nur im
Spiel gegen Griechenland. Zahlreiche Bauprojekte sind auf halber
Strecke stecken geblieben. Aber die Polen haben viel geschafft. Ihre
Hauptstadt ist ab sofort durch eine imposante Autobahn mit Berlin
verbunden. Auf symbolischer Ebene ist sie die in Beton gegossene
Vollendung der EU-Osterweiterung. Und auch den Menschen in der
Ukraine gebührt Hochachtung dafür, dass sie allen Widrigkeiten
trotzen und sich den Herausforderungen der Euro 2012 offensiv
stellen. Ihr Präsident Viktor Janukowitsch gilt auf europäischem
Parkett derzeit zu Recht als unerwünschte Person, weil er die
Opposition knebelt und knechtet. Aber das Land und seine Menschen
haben es nicht verdient, dass man sie vorschnell abschreibt. Wenn
nicht alles trügt, werden die ukrainischen Fans ihren Präsidenten vor
dem Spiel gegen Schweden am Montag auspfeifen. Auch das sollte man im
Westen hören und zu verstehen versuchen - als Signal der Hoffnung.
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