(ots) - von Anette Asmussen
Da hatte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer recht: "Die
Bundesregierung muss darauf achten, dass sie nicht pausenlos vom
Bundesverfassungsgericht korrigiert wird", kommentierte er gestern
den Richterspruch aus Karlsruhe genervt. Schon wieder hatten die
Verfassungshüter Merkel und ihre Mannschaft gerügt: Dieses Mal, weil
sie den Bundestag nicht ausreichend über die Verhandlungen zum
Euro-Rettungsschirm ESM informierten.
Tatsächlich ignorieren Kanzlerin und Minister inzwischen offen,
ohne erkennbares Unrechtsbewusstsein selbstverständliche
demokratische Grundsätze. Wenn es um Europa-Politik gehe, sei es
unpraktikabel jeden Verfahrensschritt mit dem Bundestag abzustimmen,
argumentieren sie. Es müsse unbedingt vermieden werden, dass
vertrauliche Verhandlungszwischenstände über hochsensible Materien in
die Öffentlichkeit gelangten.
Diese Arroganz ist beinahe unerträglich. Danach weiß allein die
Regierung, was gut für Deutschland ist. Das Volk darf daneben nur
noch für milliardenschwere Rettungsversprechen gerade stehen.
Entscheiden, ob es diese Verpflichtungen tatsächlich eingehen will,
soll es auf demokratischem Wege lieber nicht. Ungerührt verweigerte
die Bundesregierung den gewählten Volksvertretern jede Information
über die ESM-Verträge. Die Klage der Grünen-Bundestagsfraktion, auf
die das gestrige Urteil erging, war nur möglich, weil österreichische
Kollegen den deutschen Volksvertreter mit notwendigen Informationen
aushalfen.
Nun aber ist es gesagt: Der Bundestag hat ein Recht auf
Mitsprache und muss frühzeitig informiert werden. Auch in Fragen der
Euro-Rettung darf die Regierung "nicht eigenmächtig handeln". Das
ändert am ESM-Vertrag wohl nichts mehr. Er soll noch in diesem Monat
verabschiedet werden. Aber das Signal ist deutlich: Der Bundestag
spielt bei der europäischen Integration eine zentrale Rolle. Wird das
- wie bisher - missachtet, fehlt den auf EU-Ebene geschlossenen
Verträgen die demokratische Legitimation. Es liegt an den Bürgern, ob
sie sich das gefallen lassen wollen. Wer klagt, kann das gesamte
EU-Vertragsgeflecht ins Wanken bringen.
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