Noch ausstehender Urlaub muss nach einer Kündigung umgehend geltend gemacht werden. Diese feste Regel wurde nun vom Bundesarbeitsgesetz überraschend gekippt.
(firmenpresse) - Wer als Arbeitnehmer seine Anstellung verliert oder kündigt, musste bis vor Kurzem unbedingt darauf achten, etwaige Abgeltungsansprüche bis zum Ende des Kalenderjahres beim ehemaligen Arbeitgeber anzumelden, um diese nicht zu verlieren. Nach einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts gehört die in diesen Fällen gebotene Eile nunmehr wohl der Vergangenheit an.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Arbeitsverhältnis eines Operating-Managers endete am 31. Juli 2008. Zu diesem Zeitpunkt war noch ein Resturlaubsanspruch von 16 Tagen vorhanden. Dieser Anspruch (in Form einer Abgeltung) wurde aber erst am 6. Januar des Folgejahres vom ehemaligen Arbeitnehmer geltend gemacht. Zu spät - meinten nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitsgerichte in der ersten und zweiten Instanz. Erst vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Kläger jetzt Erfolg.
Die Erfurter Richter argumentierten, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch - als reiner Geldanspruch - nicht unter die Fristenbeschränkung des Bundesurlaubsgesetzes falle. Damit wurde die bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Fristenregelung des § 7 Abs. 3 BUrlG (Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden) auch für den Abgeltungsanspruch Gültigkeit habe.
Ob der Arbeitnehmer arbeitsfähig sei oder nicht, spiele bei dieser Frage keine Rolle. Daher sei die Geltendmachung in diesem Fall auch noch nach dem 31. Dezember 2008 möglich gewesen. Der ehemalige Operating-Manager konnte seine Abgeltungsansprüche also mit Erfolg durchsetzen.
Das Urteil stellt eine wesentliche Änderung der bisherigen Rechtsauffassung dar und stärkt die Rechte der Arbeitnehmer. Außerdem wird es wahrscheinlich für viele Nachforderungen von Abgeltungsansprüchen sorgen, auf die bisher verzichtet wurde. Die neue höchtsrichterliche Auslegung einer wichtigen Regelung des Bundesurlaubsgesetzes - die unter Juristen als "Aufgabe der Surrogatstheorie" zurzeit für Schlagzeilen in der Fachliteratur sorgt - ist auch eine Folge des Bemühens, auf europäischer Ebene für eine einheitliche Rechtsprechung zu sorgen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juni 2012, Aktenzeichen 9 AZR 652/10
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