(ots) - Bei der Vorbereitung des umstrittenen neuen
Meldegesetzes waren Lobbyisten aus Verbänden und Unternehmen stärker
beteiligt als bisher bekannt. Nach Recherchen von stern.de hatten
Innenpolitiker der CDU/CSU-Fraktion bereits Anfang Dezember 2011 eine
größere Zahl von Interessenvertretern aus der Wirtschaft zu einer
internen Anhörung eingeladen. An der Sitzung unter der Leitung der
Abgeordneten Helmut Brandt (CDU) und Hans-Peter Uhl (CSU) nahmen
neben zwei Vertretern des Bundesverbandes Deutscher
Inkasso-Unternehmen auch Lobbyisten des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) sowie der Deutschen Post teil, deren
Tochter Deutsche Post Direkt einer der größten deutschen
Adresshändler ist.
Die beteiligten Verbände und Unternehmen bestätigten im Gespräch
mit stern.de ihre Teilnahme an der Anhörung. Der GDV wandte sich
damals bereits gegen die vom Innenministerium favorisierte Lösung,
wonach Anschriften aus dem Melderegister nur bei Einwilligung der
betroffenen Bürger verwendet werden dürften. Stattdessen plädierte
der GDV für die sogenannte Widerspruchslösung, die CDU/CSU und FDP
dann auch gegenüber dem Vorschlag des Innenministeriums präferierten.
Der BDIU wandte sich gegen das vom Innenministerium favorisierte
Verbot der Mehrfachnutzung von einfachen Melderegisterabfragen. Auch
diesem Einwand trug die Koalition Rechnung.
Die CDU/CSU-Fraktion verweigerte auf Anfrage jede Auskunft über
Kontakte der beteiligten Abgeordneten mit Lobbyisten. "Das wollen wir
nicht sagen", sagte eine Sprecherin. Christian Humborg von der
Antikorruptionsorganisation Transparency International forderte
angesichts des Vorgangs mehr Transparenz beim Lobbyeinfluss auf die
Gesetzgebung. Deutschland brauche einen "legislativen Fußabdruck",
damit "deutlich wird, wer an der Entstehung eines Gesetzentwurfs
beteiligt war", sagte Humborg stern.de. Gemeint ist eine Regelung,
die Regierung und Parlament dazu zwingt offenzulegen, welche
Interessenvertreter ihre Spuren bei einem neuen Gesetz hinterlassen
haben.
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