(ots) - Wie einst auf dem Balkan zeigen sich die Vereinten
Nationen (UN) auch auf dem syrischen Kriegsschauplatz als zahnloser
Tiger. So unfähig zum Handeln und Frieden stiften, dass selbst ihr
früherer Generalsekretär Kofi Annan als Sondervermittler resigniert
seine Mission für gescheitert erklärt. Wer, wenn nicht er mit seiner
Erfahrung, seinem Charisma und diplomatischen Geschick hätte eine
realistische Chance haben können, das Blutvergießen zu stoppen? Sein
Scheitern dokumentiert die ganze Hoffnungslosigkeit am derzeit
heißesten Brandherd im Nahen Osten. Der ist völlig außer Kontrolle
geraten. An allen Fronten: an der kriegerischen zwischen dem
Assad-Regime und den Aufständischen ebenso wie an der diplomatischen
in New York. Dort kann sich die Weltgemeinschaft auf keinen
gemeinsamen Widerstand gegen Assads Kriegsmaschinerie verständigen.
Russland und China als zwei der fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat
blockieren wirksame Sanktionen. Moskau aus Loyalität zu Assad als dem
einzigen in Nahost verbliebenen Verbündeten, Peking ohne erkennbar
wichtiges Eigeninteresse. Sie sind mitverantwortlich, dass Kofi Annan
aufgegeben hat. Im Lande selbst hat sich der Kampf um Sein oder Ende
des Assad-Regimes zu einem Religionskrieg verschärft, in dem für
Vernunft und Kompromiss kein Platz ist. Und dieser Glaubenskrieg, in
dem die Sunniten als unterprivilegierte Mehrheit im Lande auf Sturz
und Rache an Assad sinnen, dessen Herrschaftssystem sich auf die
Minderheit der Alawiten stützt, hat die nationalen Grenzen längst
gesprengt. Syrien ist zum Kampfplatz auch für Gotteskrieger von den
einschlägig bekannten Fronten Afghanistans, Tschetscheniens oder
Pakistans geworden. Das macht noch weniger Hoffnung auf eine
friedliche, menschenwürdige Zukunft einer Nach-Assad-Ära. Es ist
nicht schwer zu begreifen, dass angesichts dieser Lage, in der selbst
Amerika nicht recht weiß, wen es unterstützen soll, die
Einflussmöglichkeiten für einen deutschen Außenminister gegen null
tendieren. Wenn Guido Westerwelle dennoch eine Taskforce Syrien
einsetzt mit dem Ziel, eine demokratische Entwicklung nach dem Sturz
Assads vorzubereiten, dann ist das - wohlwollend formuliert - gut
gemeint, realpolitisch allerdings völlig naiv. Ebenso wie der Glaube
im Berliner Auswärtigen Amt, der syrischen Exil-Opposition wachse
nach einem Sieg der Aufständischen bei Befriedung und Wiederaufbau
des Landes eine entscheidende Rolle zu. Da künden sich ähnlich
blamable Fehleinschätzungen an wie 2011 bei der Weigerung
Deutschlands, die Flugverbotszone gegen Gaddafis Libyen mitzutragen,
oder beim Kairoer Tahrir-Aufstand. Aus dem "ägyptischen Frühling",
dem Westerwelle mit Rat und Tat zum Dauerblühen verhelfen wollte, ist
nichts geworden. Auch nach drei Jahren im Amt mangelt es Deutschlands
Außenminister an internationalem Respekt. Und er irrt schon wieder,
wenn er hofft, diesen ausgerechnet in und um Syrien zu erhaschen.
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