(ots) - Das waren noch Zeiten, als die Lufthansa Königin im
Luftraum über Deutschland war und ihre Stewardessen und Stewards zu
den Besserverdienern im Lande zählten. Aus und vorbei, seit Air
Berlin sich zum ernst zu nehmenden Konkurrenten mit vergleichbarem
Service gemausert hat. Und Ryanair und Easyjet der Kranich-Airline
Konkurrenz machen und bei Mini-Service Billigtickets verkaufen. Wie
hart der Wettbewerb auf den nationalen und europäischen Strecken
mittlerweile geworden ist, bekommen in diesen Tagen Zehntausende von
gebuchten Passagieren zu spüren, die am Boden bleiben. Wenn Ufo, die
Gewerkschaft der Flugbegleiter der Lufthansa, wahrmacht, womit sie
droht, dann kann morgen der Flugverkehr in Deutschland sogar
weitgehend zum Erliegen kommen. In dem Arbeitskampf zwischen Ufo und
Lufthansa ist die Forderung nach einer Gehaltserhöhung um fünf
Prozent eher zweitrangig. Im Kern geht es - wie in vielen anderen
Branchen auch - um die Sorge der Mitarbeiter, dass immer mehr Teile
des Unternehmens ausgegliedert und dann von geringer bezahltem
Personal fortgeführt wird. Dabei fürchten die Lufthanseaten nicht
allein "Leiharbeiter", sondern selbst irgendwann zu schlechteren
Konditionen ausgegliedert zu werden. Wie verständlich und wahrlich
nicht unberechtigt diese Sorge ist, bestätigt die Lufthansa zumindest
indirekt durch einen aktuellen Testversuch. Für ihre Flüge von und
nach Berlin hat sie rund 230 Flugbegleiter einer Leiharbeitsfirma
angeheuert. Folge des immer härteren Kampfes um Passagiere samt sehr
viel billiger gewordenen Tickets. Seit Langem schreibt die
Premiummarke Lufthansa im nationalen wie im europäischen Verkehr rote
Zahlen. Zugleich schrumpfen die Gewinne auf den Langstrecken
angesichts hoher Kerosinkosten und der Konkurrenz staatlich
geförderter Scheich-Airlines. So sieht sich die Lufthansa wohl
begründet gezwungen, ein Sparprogramm durchzuziehen, will sie
wettbewerbsfähig bleiben. All das zeichnet sich seit Langem ab. Und
seit Längerem, nämlich seit einem Jahr, verhandeln Ufo und Lufthansa
über einen Kompromiss. Dabei haben die Verhandlungsführer der Airline
die Härte und Entschlossenheit ihres Gegenübers offenkundig
unterschätzt. Die wiederum scheinen von der Wirkung ihrer
Kampfmaßnahmen wie berauscht. Es wird höchste Zeit, dass beide Seiten
zur Besinnung kommen. Um weiteren Schaden vom gemeinsamen Unternehmen
abzuwenden. Vor allem aber, um Zehntausende Passagiere nicht länger
aus Eigeninteresse in Geiselhaft zu nehmen. Der Konflikt bestätigt im
Übrigen eine höchst bedenkliche Entwicklung. Was einst England an den
Rand des wirtschaftlichen Ruins führte, ist nun auch hierzulande
immer häufiger zu beobachten: Kleine Berufsgruppen lassen ihre
Muskeln spielen, um ihre Sonderinteressen durchzusetzen. Dass sie
dabei weite Teile des Landes lahmlegen, ist wohlkalkuliert. Die
Lokführer haben es vorgemacht, die Vorfeldlotsen am Frankfurter
Flughafen versucht, die Flugbegleiter ziehen es gerade durch, und die
Ärzte drohen damit. Zu streiken ist ein Grundrecht; zu erpressen
nicht.
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