Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler informiert über das aktuelle Urteil des BGH vom 10.10.2012, VIII ZR 107/12, in dem die Anforderungen an eine fristgemäße Kündigung einer Wohnung präzisiert wurden.
(firmenpresse) - Es ist bekannt, dass insbesondere ein Zahlungsrückstand den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses bezüglich einer Wohnung berechtigt. Für eine fristlose Kündigung ordnet § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB genau an, wann eine Kündigung bei Verzug möglich ist: Dies ist zunächst der Fall, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Ebenso ist eine fristlose Kündigung möglich, wenn der Verzug mindestens zwei Mieten erreicht und sich über mehr als zwei Termine erstreckt.
Anerkannt ist auch, dass ein solcher Verzug auch zu einer fristgemäßen Kündigung, also unter Einhaltung der Kündigungsfrist, berechtigt. Umstritten war jedoch, ob auch ein geringerer Rückstand ausreicht. Dies hat der BGH nunmehr in seiner Entscheidung vom 10.10.2012, VIII ZR 107/12 bejaht.
In dem entschiedenen Fall ging es um einen Hartz-IV-Empfänger, der bereits seit 1972 eine Wohnung in Berlin angemietet hatte. Die Grundmiete von EUR 252,81 monatlich wurde vom Jobcenter direkt an die Vermieterin verwiesen, nicht aber der monatliche Heizkostenvorschuss in Höhe von EUR 70,00. Hierfür überwies das Jobcenter zwar EUR 50,00 monatlich an den Mieter, dieser leitete den Vorschuss aber meist nicht weiter. Nachdem er ein Jahr lang keine Vorauszahlungen geleistet hatte, kündigte die Vermieterin im Jahr 2009 fristgemäß und verklagte ihn erfolgreich auf Zahlung. Der Mieter zahlte sodann die Rückstände. Im November 2010 entrichtete er jedoch erneut weder die Miete noch die Vorauszahlung auf die Heizkosten, die wie üblich zum dritten Werktag des Monats im Voraus zu zahlen waren. Die Vermieterin kündigte daraufhin am 12.10.2012 fristgemäß, und der BGH gab ihr letztlich recht.
Das Gericht führte in der Pressemitteilung aus, dass die für die fristlose Kündigung festgesetzten Grenzen nicht auf die fristgemäße Kündigung anzuwenden seien, da in diesem Fall dem Mieter ja noch die Kündigungsfrist zur Verfügung steht, um sich eine andere Wohnung zu suchen. Bei einer fristlosen Kündigung muss die Wohnung sofort geräumt werden, üblicherweise wird eine Räumungsfrist von wenigen Wochen durch den Vermieter noch zugestanden. Im Prinzip steht der Mieter in einem solchen Fall zunächst einmal vor der Obdachlosigkeit.
Nach Ansicht des BGH ist aber eine ordentliche Kündigung nicht möglich, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt. Anders ausgedrückt: Der Mieter muss mit mindestens einer Miete länger als einen Monat in Verzug sein, damit der Vermieter fristgemäß kündigen kann.
Die Kündigung vom 12.11.2012 war somit unwirksam, da der Verzug im Hinblick auf die Novembermiete bei Ausspruch der Kündigung noch nicht einen Monat, sondern nur wenige Tage bestand. Allerdings war die im Jahr 2009 wegen des Verzugs im Hinblick auf den Heizkostenvorschuss ausgesprochene Kündigung wirksam, so dass die Vermieterin deswegen die Räumung der Wohnung verlangen konnte.
Vermieter sollten sich daher vor Ausspruch einer Kündigung ? nicht zuletzt auch wegen der formellen Anforderungen ? anwaltlich beraten lassen. Gleiches gilt für Mieter, die eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs erhalten, da diese möglicherweise unberechtigt ist. Haben Sie noch Fragen? Sprechen Sie mich an.
Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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