(ots) - In den vergangenen zwei Monaten war Vitali Klitschko
ununterbrochen in seiner Heimat unterwegs. Der WBC-Champion hatte mit
seiner Partei UDAR für die Parlamentswahlen kandidiert und dazu
unermüdlich Wahlkampf betrieben. Nach dem Urnengang vor knapp zwei
Wochen - die erstmals angetretene UDAR wurde dabei auf Anhieb
drittstärkste Partei - zog es den Champion direkt auf die Straße, um
gegen den Wahlausgang zu protestieren. Der Vorwurf: Manipulation und
Urkundenfälschung. Vitali Klitschko ist deshalb leicht erkältet, als
er sich am Freitagnachmittag im RTL-Interview zu den Fragen rund um
die Wahl in der Ukraine, seine politischen Ambitionen, David Hayes
Expedition in den Dschungel und den Kampf seines Bruders am Samstag
gegen Mariusz Wach (RTL, ab 22.10 Uhr)äußert. Natürlich auch ein
Thema: Will Vitali Klitschko trotz seines politischen Engagements
noch einmal in den Ring steigen?
Die Wahl in der Ukraine ist knapp zwei Wochen her, mit einem für
Sie nicht befriedigenden Ausgang. Zweifeln Sie das Wahlergebnis an?
"Ich möchte kein schlechter Verlierer sein, aber es gab viele Fälle,
wo es nicht sauber zuging. Die Durchführung der Wahl und die
Auszählung der Stimmen haben nicht der europäischen Gesetzgebung
entsprochen. Wir sind in der Ukraine leider weit entfernt von
europäischen Standards in der Politik und bei Wahlen. Wir haben
etliche Fälle, in denen mit Stimmen manipuliert wurde."
Sie sprechen offen von Wahl-Manipulation. Was heißt das in der
Konsequenz? "Das heißt, dass Stimmen manipuliert wurden, dafür gibt
es viele Beispiele. Wir können zwar nicht sagen, dass die gesamte
Wahl in der Ukraine manipuliert war, aber es gibt viele Fälle etwa
von Urkundenfälschung, in denen man das feststellen konnte."
Fordern Sie Neuwahlen? "Nichts ist unmöglich. Aber ich glaube, in
der Realität wird es keine Neuwahlen geben. Und solange immer wieder
die gleichen Menschen die Stimmen auszählen, können wir so viel
wählen, wie wir wollen - ändern würde sich nichts. Neuwahlen könnten
in bestimmten Bezirken stattfinden. In wie vielen davon neu gewählt
werden könnte, kann ich im Moment nicht sagen. Die zentrale
Wahlkommission hat festgestellt, dass in fünf Wahlbezirke die
Auszählungen nicht korrekt waren oder sogar gefälscht wurden, wir
gehen von 13 aus."
Wie gehen Sie da weiter vor? "Wir sind in der Ukraine zum Gericht
gegangen und haben bei Präsident Janukowitsch ein offizielles
Statement abgegeben. Er muss als Präsident garantieren, dass die
Gesetze funktionieren. Am Donnerstag haben wir die Info bekommen,
dass der Präsident reagiert. Nun muss er in den nächsten Tagen
klarstellen, in welchen Wahlbezirken die Wahl nicht fair war. Und die
Verantwortlichen dafür müssen bestraft werden.
Am 17. Dezember tritt das ukrainische Parlament erstmals zusammen.
Sie sind gewählter Abgeordneter mit Ihrer Partei. Werden Sie am 17.
Dezember im Parlament sitzen? "Nach Lage der Dinge ja, aber genau
kann ich das jetzt noch nicht sagen. Alles hängt von den Gesprächen
in den kommenden Wochen ab."
Wie geschlaucht sind Sie nach den letzten Monaten Wahlkampf?
Sehnen Sie sich nicht manchmal nach dem Trainingscamp im schönen
Stanglwirt zurück? "Ich fahre immer gerne zum Stanglwirt, weil ich
dort einen guten Teil meines Lebens verbracht habe. Ich liebe Going,
ich liebe die Ruhe dort. Aber Sie wollen ja mit Ihrer Frage auf etwas
anderes hinaus: Wird Vitali Klitschko noch einmal zu einem Kampf
antreten? Es gibt zwei Möglichkeiten: Aufhören oder Weiterboxen. Eine
klare Antwort gebe ich bis zum 17. Dezember. Vielleicht mache ich
noch ein paar Kämpfe oder ich konzentriere mich auf die politische
Arbeit. Ich habe auf jeden Fall das Herz eines Boxers. Boxen war,
bleibt und wird immer in meinem Herzen sein."
Genügend trockenes Pulver hätten Sie schon noch für einen Kampf?
"Ich habe genug Kraft und genug trockenes Pulver sowohl für die
politische Arbeit als auch für einen möglichen weiteren Kampf."
David Haye wäre ein möglicher Gegner, wenn Sie denn weiter boxen
sollten. Der Brite ist ab Sonntag Teilnehmer des britischen
Dschungelcamps. Was denken Sie darüber? "Das ist der richtige Ort für
David Haye. Ich hoffe, er wird nicht von Kakerlaken, Ratten oder
giftigen Spinnen gebissen. Der Mann hat Langeweile. Aber vielleicht
findet er dort ja einen guten Platz für sein nächstes Trainingscamp."
Wie schätzen Sie Mariusz Wach, den nächsten Gegner Ihres Bruders
Wladimir ein? "Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich habe viele
seiner Kämpfe gesehen. Er ist ungewöhnlich groß, stark, ungeschlagen
und somit ein guter Herausforderer für Wladimir. Es wird kein
einfacher Kampf. Aber ich glaube, Wladimir ist ein erfahrener Fuchs
und kann das ausspielen."
Wie erleben Sie Wladimir in der letzten Vorbereitung auf den
Kampf, besonders unter dem Blickwinkel, dass sein Trainer Emanuel
Steward kürzlich verstorben ist? "Selbstverständlich ist das ein sehr
großer psychischer Druck, weil Emanuel Steward eine sehr wichtige
Rolle für Wladimir gespielt hat. Es ist ein großer Teil der
Vorbereitung, Gespräche zu führen, zu diskutieren über Taktik und
Strategie. Sich ohne Trainer vorzubereiten, ohne denjenigen, der die
richtigen Ratschläge gibt, ist schwierig. Ich hoffe, das wird
Wladimir nicht beeinflussen. Aber ein Risiko ist da. Im Kampf werden
wir sehen, wie gut Wladimir den Tod seines Trainers verkraften kann."
Werden Sie auch zur Beerdigung von Emanuel Steward nach Detroit
fahren? "Ja, ich möchte dort auch Abschied nehmen von Emanuel
Steward. Er war auch eine der wichtigsten Personen in meinem Leben.
Ich möchte ihm Tschüs sagen."
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