Tot und für gut befunden könnte der Fall einer Frau aus Ronsdorf beschrieben werden. Durch einen Bankfehler speichert die Schufa, dass sie tot sei. Der wiesbadener Auskunftei wird man keinen Vorsatz vorwerfen können. Doch kann die Schufa, die eigenen Angaben nach 514 Millionen Daten zu 66,2 Millionen Betroffenen speichert wirklich die Richtigkeit der Daten garantieren. Nicht nur der Fall der Frau aus Ronsdorf wirft Zweifel auf. Eine Studie im Auftrag des Verbraucherschutzministeriums hegte bereits im Jahr 2009 Zweifel an der Datenqualität bei der Schufa und anderen Auskunfteien. Hat also der Score, mit dem Auskunfteien die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass jemand seine Rechnungen zahlt, überhaupt Bestand, wenn schon die zugrundeliegenden Daten nicht stimmen. ilex untersucht die Hintergründe.
(firmenpresse) - 1. Der Fall der toten Frau
Mit Beitrag vom 6. August 2012 meldet die Westdeutsche Zeitung, dass eine Frau aus Ronsdorf von einer Sparkasse fälschlicherweise für tot gehalten wurde. Als die Tochter der Betroffenen als Erbengemeinschaft angeschrieben wurde, war die Frau schockiert. Sie informierte sich bei ihrer Bank, die ihrerseits auf die Schufa Holding AG verwies. Das Wiesbadener Unternehmen verwies seinerseits auf die Wuppertaler Stadtsparkasse, die letztlich einräumte, einen Fehler gemacht zu haben. Letztlich wurde die Schufa also falsch informiert; doch es wurden falsche Daten gespeichert. Aufgrund der Datenflut, derer sich die Schufa ausgesetzt sieht, ist es auch nicht verwundernswert, dass zunächst niemand etwas bemerkt hat.
2. Studie der GP Forschungsgruppe
Bereits im Jahr 2009 ließ das Verbraucherschutzministerium das Scoring der deutschen Auskunfteien untersuchen.
In der Studie heißt es u.a.: "Nach Überprüfung der zugestellten Eigenauskünfte durch die Testpersonen ergibt sich, dass – gemessen an den SCHUFA-Kriterien – 45% (!) der Eigenauskünfte fehlerhafte, unvollständige oder falsche Eintragungen aufweisen."
Aber auch das Bild über manch andere Auskunftei ist ernüchternd.
3. Führt die fehlende Richtigkeitsgewähr zur Rechtswidrigkeit des Scorings?
Wer sich heutzutage um ein Darlehen, einen Handyvertrag o.ä. bemüht, wird von dem Anbieter der Dienstleistung oftmals mithilfe von Auskunfteien überprüft. Es liegt auf der Hand, dass diese Dienstleister nur mit solchen Personen einen Vertrag schließen wollen, die ihre Rechnungen bezahlen. Viele Auskunfteien, etwa auch die Schufa Holding AG, drücken ihr Urteil in einem sog. Score aus; das ist ein Wahrscheinlichkeitswert. Er wird aus den Daten berechnet, die die Auskunftei zu der betroffenen Person speichert.
Dieses Scoring ist grds. verboten, es sei denn die Auskunftei kann sich ausnahmsweise auf eine Rechtsgrundlage berufen. Hier kommt ggf. § 28b BDSG in Betracht. Diese Norm stellt aber klar, dass nur zulässig gespeicherte Daten für das Scoring verwendet werden dürfen. Mithin leuchtet es ein, dass ein Score, der auf falschen Daten beruht, rechtswidrig ist.
Doch was ist, wenn die Betroffenen ihren Score nicht nachvollziehen können? ilex vertritt immer häufiger Mandanten, die trotz des Umstandes, dass die Auskunftei nur
positive Informationen zu ihnen speichert, schlecht gescort werden. Gerade diese Fälle werfen die Frage auf, ob etwa die Schufa Holding AG bei der unbestrittenen Datenflut in ihrem Haus überhaupt garantieren kann, dass die Daten, die dem Score zugrundeliegen richtig sind.
Wenn die Schufa die Richtigkeit ihrer Daten und somit ihres Scorings nicht hinreichend garantieren kann, ist das Scoren womöglich generell rechtswidrig. Dies zumindest legt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Az. 2 BvR 488/04) aus dem Jahr 2005 nah, in dem es heißt: "Das Erheben und Verwenden personenbezogener Daten kann nur dann im überwiegenden Allgemeininteresse liegen und kann nur dann dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit genügen, wenn eine ausreichende Richtigkeitsgewähr gegeben ist." Diesen Satz könnte man dahingehend auslegen, dass das Scoring der Auskunfteien erheblichen, rechtlichen Bedenken begegnet. Denn sowohl der Fall der toten Frau als auch die Studie aus dem Jahr 2009 hegen Zweifel daran, dass die erforderliche Richtigkeitsgewähr garantiert werden kann.
4. Fazit
Ist es wirklich im Interesse der Betroffenen nicht gescort zu werden? Die Frage wird jeder für sich beantworten müssen. Allerdings ist zu bedenken, dass der Umstand, nicht gescort zu werden, ähnlich wirken kann, wie ein schlechter Score. Doch Fälle, in denen dies gewünscht wird, können nicht ausgeschlossen werden. Hier bestünde ein Ansatzpunkt dafür, die Löschung sämtlicher Wahrscheinlichkeitswerte zu bewirken. Denn die Auskunfteien können die Richtigkeit ihrer Daten - aus unserer Sicht - nicht immer garantieren, was möglicherweise einen Löschungsanspruch stützt.
Häufiger sind allerdings die Fälle, in denen die Betroffenen ihren Score als zu niedrig empfinden. Hier kann überhaupt nur dann geholfen werden, wenn der Betroffene intelligent vortragen kann, dass er entgegen der mit dem Score verbundenen Aussage sehr wohl kreditwürdig ist. Hier kann ein Berichtigungsanspruch nach § 35 Absatz 1 BDSG geltend gemacht werden. Auch dort wird die Frage der mangelnden Richtigkeitsgewähr eine Rolle spielen.
Dr. Stephan Gärtner
Rechtsanwalt
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