(ots) - Natürlich weiß auch Merkel, dass Russland in
seiner Geschichte nie ein Vollbad Demokratie genießen konnte. Schon
immer waren es reiche Oligarchen und eine allmächtige Nomenklatura -
ob auf Väterchen Zar oder Parteibuch eingeschworen - die das Sagen
hatten. Für Demokratie im westlichen Sinne war da kaum Platz. Und
Präsident Putin, der davon zehrt, den Russen ihren Stolz nach den
Erniedrigungen in der Jelzin-Ära zurückgegeben zu haben, will daran
nicht wirklich etwas ändern. Aber er ahnt, dass die durch ihn
eingeleitete Wirtschafts-Modernisierung eine liberale Mittelschicht
geschaffen hat, die aufbegehrt, mit Vehemenz politische Mitsprache
fordert und die scheinbar zementierte Machtbalance infrage stellt.
Eine gelenkte Demokratie à la Putin, die einen offenen
Parteienwettbewerb verwehrt, ist ihr zu wenig. Putin wird Druck aus
dem russischen Kessel ablassen müssen, wenn er eine wachsende
politische Polarisierung in der Bevölkerung verhindern will. Da sind
sich Merkel und Putin näher, als Kritiker mit tiefsitzenden
antirussischen Vorurteilen meinen. Die Kanzlerin weiß, dass nur ein
stabiles Russland gut für Deutschland ist - allerdings ein Russland,
das mehr ist als Öl und Gas, als Pipelines und Tanker.
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