(ots) - Die Einschläge kommen näher. Frankreich, dem
größten und wichtigsten Partner Deutschlands in der Euro-Zone, hat
die Ratingagentur Moody's bereits die Bestnote für die
Kreditwürdigkeit entzogen. Nun hat Moody's auch die beiden
europäischen Rettungsschirme, den ESM und die EFSF, herabgestuft -
jene Institutionen also, die doch gerade die finanzielle Stabilität
der Währungsunion sichern sollen. Welch ein Debakel für die
selbsternannten Euro-Retter. Als nächstes wird bei den
Ratingagenturen wohl Deutschland dran sein, früher oder später. Einen
"negativen Ausblick" hat Moody's der Bundesrepublik ja schon längst
verpasst. Und die deutsche Politik? Sie wird auf die bösen
Ratingagenturen schimpfen und raunend auf deren amerikanische
Herkunft verwiesen. Sie wird niedrige Zinsen, die am Markt vom
Fiskus, von hiesigen Unternehmen und Hausbauern verlangt werden, als
Zeichen des Vertrauens interpretieren - und dabei die Wahrheit
verschweigen. Die Wahrheit nämlich, dass Deutschland dabei allein von
der Instabilität so vieler anderer Schuldner profitiert. Je
wahrscheinlicher das Euro-Aus wird, um so niedriger sind die Zinsen
für deutsche Schuldner und um so höher die Kursgewinne für die
Besitzer deutscher Aktien. Klingt wie Wahnsinn. Ist aber so. Wobei
der Wahnsinn bei der Euro-Rettung längst Methode hat. Zum Beispiel
lassen sich gute Gründe finden, Griechenland noch eine Chance, eine
letzte, zu geben. Nur ist dieser Vorgang längst einer demokratischen
Kontrolle, die den Namen verdient hätte, entzogen. Am vergangenen
Dienstag hat das Finanzministerium den Bundestagsabgeordneten den
Antrag mit dem Arbeitstitel "Finanzhilfen für Griechenland"
überstellt. Dass wohl kein einziger Parlamentarier bis zur Abstimmung
im Bundestag die drei Anhänge mit insgesamt 488 Seiten gelesen haben
wird - geschenkt. Aber hat sich irgendwer auch nur den eigentlichen,
gerade einmal acht Seiten umfassenden Antrag zu Gemüte geführt? Und
wenn ja, warum hat dann am Freitag im Parlament niemand nach den
nirgendwo näher erläuterten "Eventualmaßnahmen" gefragt, die laut
Antrag wesentlich zur Reduzierung der griechischen Staatsschuld
beitragen sollen? Klingt unglaublich. Ist aber so. Nun wäre es
vermessen, von allen Politikern zu verlangen, dass sie eine
Jahrhundertkrise durchdringen, die selbst Experten immer wieder an
den Rand ihrer intellektuellen Fähigkeiten bringt. Das enthebt
Volksvertreter aber nicht sämtlicher Verantwortung. Doch lassen die
meisten deutschen Parlamentarier in Debatten um Betreuungsgelder und
Beschneidungen mehr Leidenschaft erkennen als in dem Ringen darum,
wie wir künftig in Europa zusammenleben werden und mit welchem Geld.
Die Wortführer des politischen Mainstreams schwärmen unterdessen von
des Kaisers neuen Kleidern. Kaum zwölf Stunden, ehe Moody's den
Daumen über den europäischen Rettungsschirmen senkte, sprach
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle im Bundestag davon, die deutsche
Regierung werde ihre "erfolgreiche Politik" zur Rettung des Euro
fortsetzen. Klingt wie eine Drohung. Ist wohl auch eine.
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