(ots) - Eine neue Verfassung sollte möglichst im
Konsens zwischen Regierungsmehrheit und Opposition beschlossen
werden: Das ist die Lehre aus dem autoritären Durchmarsch der Rechten
in Ungarn. In Rumänien winkt nun ein ähnliches Szenario, wenn auch
mit umgekehrtem Vorzeichen. Noch ist unsicher, ob die neue Mehrheit
unter dem ruppigen Premier Victor Ponta allein die Macht hat, dem
Land eine neue Verfassung zu verordnen. Hat sie die Chance, wird sie
es sicher tun. Bei näherem Hinsehen liegen die Verhältnisse in
Rumänien aber anders als im Nachbarland. Nicht um Ideologie geht es
hier; beide Lager sind im Grunde Seilschaften, Machtcliquen, die für
ihre Scharmützel bloß klare Regeln brauchen. Die Macht des
Präsidenten gehört tatsächlich begrenzt, wenn das Land zur Ruhe
kommen soll. Für eine Einigung zwischen Mehrheit und Opposition
braucht es gemeinsame Maßstäbe, an denen es aber fehlt. Blieben die
Freunde des Staatspräsidenten Traian Basescu bei der fälligen Reform
außen vor, so wäre das kein großes Unglück. 2014 endet die Amtszeit
des machtversessenen Staatsoberhaupts. Spätestens dann wird sich auch
seine Partei neu aufstellen. Zu hoffen ist allerdings, dass Ponta für
die Verfassungsreform wenigstens auf die Einigung mit den nationalen
Minderheiten angewiesen ist. Die Ungarn, aber auch die wenigen
Deutschen haben sich in den nicht enden wollenden Scharmützeln
zwischen den rumänischen Seilschaften als Faktor der Vernunft
etabliert. Sie würden dafür sorgen, dass aus der fälligen
Verfassungsreform mehr wird als nur eine Entmachtung Basescus. Von
den europäischen Partnern dürfen die Rumänen nun zunächst Respekt für
ihre Entscheidung erwarten. Man muss Ponta nicht mögen, um
anzuerkennen, dass den Wählern das Ende des quälenden
Verfassungsstreits wichtiger war als die Frage, wen der Premier mit
welchen Posten bedacht und ob er seine Doktorarbeit abgeschrieben
hat.
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