(ots) - Es war eine gute Woche für die Europäische
Union: Erst die elegante Nobelpreiszeremonie am Montag, dann der
Durchbruch bei der Bankenaufsicht am frühen Donnerstagmorgen. Es ist
genau diese Mischung aus Ruhe und Erfolg, den man sich in Brüssel für
den Jahresausklang wünscht. Dass diese heimelige Atmosphäre durch
nichts getrübt wird, dafür hat vor allem Bundeskanzlerin Angela
Merkel gesorgt. Lästige Themen wie einen Zeitplan zum Umbau der
Eurozone hat sie einfach von der Gipfel-Agenda streichen lassen. Kaum
hat der Druck an den Finanzmärkten nachgelassen, erschlafft auch der
europäische Reformeifer. Europa darf sich aber nicht auf seinen
Lorbeeren ausruhen. Es war erneut ein Jahr, in dem ein EU-Gipfel den
nächsten jagte. Seit Beginn der Eurokrise trafen sich die Staats- und
Regierungschefs rund 30 Mal. Ständiger Begleiter dabei: die Sorge um
die Lage an den Finanzmärkten. Der Druck der Börsen machte es möglich
und so wurden dann eiligst Hilfspakete geschnürt, Rettungsschirme
erdacht und Reformvorhaben beschlossen. Doch die aktuelle
Gipfelagenda zeigt, dass vor allem von Letzterem die Staats- und
Regierungschefs jetzt erst einmal genug haben. Anders gesagt: Sie
sehen keine Notwendigkeit zu raschem Handeln. Jetzt, wo mit Blick auf
das Euroland entspannte Stimmung an den Märkten herrscht, entscheidet
sich Europa dazu, den Ball flach zu halten. Das ist umso
bedauerlicher, als dass die EU heute einmal nicht als Getriebene der
Märkte agieren, sondern selbst die Regeln vorgeben könnte.
Stattdessen klopft man sich lieber auf die Schulter über das
Geschaffte und schiebt die notwendigen Reformen auf die lange Bank.
Bestes Beispiel dafür ist die Bankenaufsicht, über deren Beschluss so
viel Erleichterung zu herrschen scheint, dass man sich nur zu gerne
mit dem Erreichten zufriedengibt. Dabei ist die EU von einer echten
Bankenunion noch meilenweit entfernt. Sicherlich, Struktur und
Zuständigkeiten der neuen Aufsicht sind nun geklärt. Doch es ist nur
die erste Säule. Die weit unangenehmeren weil komplizierten Themen
wie der gemeinsame Abwicklungsmechanismus sowie die europäische
Einlagensicherung sind erst einmal vertagt. Denn hierbei geht es
tatsächlich ans Eingemachte: Soll Europa weiter zur Haftungsunion
ausgebaut werden? Dass der Reformeifer vor allem bei der
Einlagensicherung stockt, liegt zum Großteil an der Bundesregierung.
Berlin will unter allen Umständen verhindern, dass deutsche Sparer am
Ende für marode Banken im EU-Nachbarland einspringen müssen. Auch der
Zeitpunkt ist für Merkel völlig falsch: So kurz vor den
Bundestagswahlen will sie sich diese lästige Diskussion nicht
aufhalsen. Pech für die Eurozone, für deren Umbau weitere wertvolle
Zeit verstreichen wird. Das wird sich auch heute beim Gipfel zeigen.
Denn wirklich wegweisende Vorschläge, wie sie EU-Ratspräsident Herman
Van Rompuy im Vorfeld gemacht hatte, sind auf Druck Merkels aus dem
Abschlussdokument gestrichen worden. Anstatt dem von Van Rompuy ins
Spiel gebrachten Eurozonen-Haushalt, der einen automatischen
Finanzausgleich in Krisenfällen ermöglichen soll, ist jetzt nur noch
von einer "Fiskalkapazität" die Rede. Auch der Mehrjahresfahrplan,
mit dem der Belgier die Euro-Staatschefs auf den Umbau der
Währungsunion festnageln wollte, ist vom Tisch. Stattdessen soll
jetzt nur das Vorgehen der nächsten Monate beschlossen werden. Es
hätte der Gipfel der großen Visionen werden können. Doch ohne Druck
macht Europa lieber weiter mit seinem kleinklein. Der nächste
Krisengipfel im neuen Jahr wird nicht lange auf sich warten lassen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de