(ots) - In Berlin und Brüssel hätten vermutlich die
Sektkorken geknallt, wenn Karel Schwarzenberg bei der tschechischen
Präsidentenwahl die Sensation gelungen wäre. Der Außenminister hat
seine Wurzeln nicht nur in Böhmen, sondern auch in Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Er ist ein begeisterter Europäer.
Präsident in Prag wird er nun aber nicht. Staatsoberhaupt im Herzen
Europas wird der Linkspopulist Milos Zeman. Das ist bitter für alle,
die sich mit Schwarzenberg einen Schub für die europäische Einigung
erhofft hatten. Eine Katastrophe ist das Wahlergebnis aber nicht.
Zeman ist bei allem Hang zum Populismus kein außenpolitischer
Irrläufer wie sein Vorgänger Vaclav Klaus. Er will und wird die
Tschechen mit Europa versöhnen. Wichtiger noch wären Ruhe und
Berechenbarkeit im Innern. Sie würden Tschechiens Position nach außen
stärken. Allerdings hat der designierte Staatschef noch am Wahlabend
klar gemacht, dass er auf Konfrontation gepolt ist. Zeman will
Neuwahlen erzwingen, um sich und dem Land eine linke Mehrheit zu
sichern. Seine verfassungsgemäße Aufgabe als Präsident ist das zwar
nicht. Legal und politisch legitim ist es aber sehr wohl. Die
liberal-konservative Regierung hat mit einem unpopulären Sparkurs
viel Zustimmung eingebüßt. Zeman dagegen ist mit einem bewundernswert
eindeutigen Programm in den Wahlkampf gezogen. Er wolle Tschechien in
einen Wohlfahrtsstaat nach dem Vorbild Schwedens umgestalten, hat
Zeman bei jeder Gelegenheit betont. "Steuern rauf!", lautet seine
Devise. Dafür soll der Staat anschließend für Schüler, Studenten,
Familien und auch im Gesundheitssystem mehr leisten. Für diese Vision
haben sich bei dem Urnengang am Freitag und Samstag 55 Prozent der
Wähler ausgesprochen. Das ist angesichts einer hohen Wahlbeteiligung
eine Entscheidung, die niemand ignorieren kann. Die Tschechen haben
mit dieser ersten Direktwahl ihres Präsidenten mehr Demokratie
gewagt. Es war ein gelungenes Experiment, an dem sich manch anderes
Land in Europa ein Beispiel nehmen kann.
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